Was ist eine «korrekte und aussage­kräf­tige Warenbezeichnung»?

Export 23.10.2017 von Olcay Erden
Lesezeit 7 min Kommentare 0

Mögen Sie sich noch daran erinnern? Am 28. September 2016 hat das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) (ehemals Eidgenössische Zollverwaltung) auf dem Zirkularweg präzisiert, was im Sinn der Zollgesetzgebung als «korrekte und aussagekräftige Warenbezeichnung» gilt. Das hat das Amt im Zirkular D210-2 entsprechend festgehalten. Was jedoch fast für mehr Aufsehen sorgte, war folgende, etwas unscheinbare Zeile im Terminplan auf der zweiten Seite jenes Zirkulars:

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Zirkular

Seit dem 1. Januar 2018 beanstanden die Zollstellen ungenügende Warenbezeichnungen in jedem Fall. Unter Umständen kann dies dazu führen, dass die Zollstelle die Waren erst freigibt, wenn die Ausfuhrzollanmeldung korrekt eingereicht wurde und dies somit zu Lieferverzögerungen führen kann.

Im Zirkular vom 28. September 2016 ist zu lesen, dass die Zollbehörde schon seit längerer Zeit feststellt, dass die Qualität der Warenbezeichnungen in den Zollanmeldungen stetig abnimmt. Dies hat aus unserer Sicht mehrere Gründe, auf die ich in den folgenden Absätzen gerne darauf eingehen möchte.

1. Lockerung der Deklarantenstraf­praxis zwischen 2009 und 2016

Per 1. Oktober 2009 hat das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) die sogenannte Deklarantenstrafpraxis gelockert. Dies bedeutete, dass offensichtliche Tippfehler sowie Zahlendreher in der Ausfuhrzollanmeldung nur noch in ganz klar definierten Einzelfällen geahndet wurden. Gleichzeitig nahm Jahr für Jahr die Anzahl der elektronisch übermittelten Zollanmeldungen sowohl im Import als auch im Export zu. Für die Zollbehörde war es mit ihrem Personalbestand unmöglich geworden, jede einzelne Sendung materiell zu kontrollieren. Also entschied sie sich dazu, bei nur noch einzelnen Sendungen – nach einer vorgängig durchgeführten Risikoanalyse – eine Zollbeschau durchzuführen. Mehr als 90 % aller Zollanmeldungen ging sowohl ohne materielle Kontrolle der Sendungen als auch ohne formelle Kontrolle der Begleitdokumente zu diesen Sendungen durch das Zollsystem e-dec. Die Folge dieser Entwicklung war, dass Exportsachbearbeiter in Unternehmen als auch Zolldeklaranten bei Spediteuren viel mehr Spielraum hatten und so auch die Qualität der in der Zollanmeldung übermittelten Daten schlechter wurde. Unter dieser Entwicklung hat folglich auch die Warenbezeichnung der einzelnen Zollpositionen gelitten.

2. Erneute Verschär­fung dieser Strafpraxis ab 2016

Durch die Qualitätsabnahme der Ausfuhrzollanmeldungen sah sich der Zoll in der Pflicht, die Deklarantenstrafpraxis wieder zu verschärfen. So werden auch Tippfehler und Zahlendreher wieder strenger geahndet. Deswegen hat sich die Zollbehörde auch entschieden, das Zirkular «Korrekte und aussagekräftige Warenbezeichnung in der Zollanmeldung» zu veröffentlichen. Sie sah darin zudem eine Übergangsfrist für die Verbesserung von Warenbezeichnungen vor, worin die Zollanmelder dazu aufgefordert werden, entsprechende IT-Anpassungen innerhalb des Jahres 2017 vorzunehmen. Während dieser Übergangsfrist wiesen die Zöllner Zollanmeldungen mit ungenügenden Warenbezeichnungen stichprobenweise zur Korrektur zurück und seit dem 1. Januar 2018 wird dies bei allen Zollanmeldungen mit ungenügenden Warenbezeichnungen praktiziert.

3. Zollan­mel­dungen durch Verzollungsapplikationen

Eine nicht genügend durchdachte Konfiguration von voll integrierten Verzollungsapplikationen kann ein weiterer Grund für die Qualitätseinbussen bei Warenbezeichnungen sein, die bei vielen exportierenden Unternehmen als auch Spediteuren bei der täglichen Arbeit eingesetzt werden.

Bei Exportverzollungen stossen wir Zollberater immer wieder auf ungenügende Warenbezeichnungen bei Zollanmeldungen, die aufgrund mangelhaft hinterlegten Artikelbezeichnungen in ERP-Systemen oder Excel-Tabellen auf die Ausfuhrlisten in e-dec Export übertragen werden.

Häufig wird auch bei Importverzollungen mittels einer IT-Schnittstelle die Warenbezeichnung automatisch und ohne weitere Bearbeitung des Texts direkt aus dem Schweizer Zolltarif Tares übernommen. Sie als Importeur sehen diese Warenbezeichnungen in den Veranlagungsverfügungen Zoll und MWST, die Sie im Anschluss an den Importvorgang erhalten.

Anhand eines Beispiels möchte ich die Problematik konkret aufzeigen:

Werden in unserem Beispiel Thermocycler der Zolltarifnummer 8419.8992 verzollt, so sieht das oft folgendermassen aus:

Aus folgenden Gründen ist eine solche Warenbezeichnung nicht aussagekräftig:

  • Nachvollziehbarkeit: Bei dieser Warenbezeichnung kann die Zollbehörde nicht nachvollziehen, um welche Maschine es sich handelt und ob Sie die Thermocycler korrekt in den Zolltarif eingereiht haben.
  • Zuordnungsfähigkeit: Gleichen Sie später die Daten auf Ihrer Veranlagungsverfügung mit der Kundenrechnung ab, so ist eine eindeutige Zuordnung zur bei der Zollanmeldung vorliegenden Exportrechnung, die oft mehrere Positionen enthalten, in vielen Fällen nicht gegeben. Auch die Zollbehörde kann so nicht nachvollziehen, welche Position auf der Zollanmeldung zu welcher Position auf der vorliegenden Rechnung gehört.

Korrekterweise wird die Warenbezeichnung bei Sendungen mit Thermocycler folgendermassen angemeldet:

Anhand dieser Warenbezeichnung mit Zusatz der Materialangabe kann die Einreihung von Thermocycler in den Zolltarif bis hin zur schweizerischen Unternummer (Ziffer 7 und 8 der Zolltarifnummer) nachvollzogen werden. Auch der Bezug zur Kundenrechnung kann so einfacher erfolgen.

4. Wie sehen die Vorgaben der Warenbe­zeich­nung gemäss Zirkular aus?

Im Zirkular werden folgende Punkte erwähnt, von denen ich hier die wichtigsten herauspicke:

  • Eine genaue Warenbezeichnung muss in einer Schweizer Amtssprache oder in Englisch verfasst sein
  • Als genaue Warenbezeichnung gilt die technische oder handelsübliche Bezeichnung (Sachname) einer Ware wie «Reduzierstücke» statt «Zubehör zu Rohren»
  • Taucht in der Detailanzeige des Tares zu einer bestimmten Zolltarifnummer ein Hinweis zu einem «NZE-Code oder nichtzollrechtlichen Erlass NZE» auf, so muss dies in der Zollanmeldung ebenso vermerkt sein; sofern der Hinweis nicht bereits aus dem statistischen Schlüssel oder Codierung in e-dec hervorgeht. (bei Chemikalien könnte beispielsweise die PIC-Verordnung betroffen sein; wenn keine Ausfuhrbewilligung benötigt wird, so ist der Vermerk «unterliegt nicht PIC-Verordnung» anzubringen)


Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) listet in ihrem Dokument Richtlinien zur Aussenhandelsstatistik R-25-02 unter Ziffer 2.3.7 «Warenbezeichnung/Veranlagungstext» weitere Vorgaben für die genaue Warenbezeichnung in der Zollanmeldung auf, von denen ich Ihnen hier die wichtigsten präsentieren möchte:

  • Bei chemischen Erzeugnissen (Arzneimittel, Klebstoffe, Insektizide etc.) sowie Lebensmittelzubereitungen gehört der Markenname oder Fantasiebezeichnung sowie Typ zur Warenbezeichnung dazu (zum Beispiel «Klebstoff, Loctite 401, ohne VOC Abgaben»)
  • Bei der Ausfuhr eines Motorfahrzeugs gehören Markenname des Fahrzeugs sowie Markenschlüssel gemäss Tares zur Warenbezeichnung dazu (zum Beispiel «Personenwagen, Opel Zafira 1.8 16V mit Markenschlüssel 690»)

5. Gegenüber­stel­lung von ERP-Artikel­namen und Warenbe­zeich­nungen nach Vorgaben der Zollbehörde

Oft sind die Artikelnamen, die Sie für die Produkte in Ihrem ERP-System verwenden, nicht genug aussagekräftig für Warenbezeichnungen in Zollanmeldungen.

Sie sehen nun in der folgenden Tabelle, wie die «Übersetzung» der Warenbezeichnungen aussieht, wie sie in Ihrem ERP-System in den Artikelbezeichnungen auftauchen könnten und wie sie nach Vorgaben des BAZG zu verfassen wären:

Klicken um Tabelle zu öffnen

Warenbezeichnung auf Zollanmeldung Fiktiver Artikelname aus Ihrem ERP-System Zolltarifnummer
Torxschrauben, nicht selbstschneidend und nicht gedreht, M4 x 10, aus rostfreiem Stahl Trx schr. M4 x 10 7318.1592 / 011
Induktiver Näherungsschalter IFFT 06M15A2/O1T05L 8536.5000 / 999
Thermocycler, für die Polymerasekettenreaktion, aus rostfreiem Stahl, nicht mehr als 1500 kg FineCycler ST DE/FR/IT 8419.8992
NTC-Thermistoren aus Metalloxiden, für Leistungen von unter 20W NTC-Thermistor 0.4x0.2mm 8533.2100
CD-ROMs mit Software Firmware Vers. 3.56.87 CD-R 8523.4900 / 911
USB-Sticks mit Software Firmware Vers. 2.42.34 USB 8523.5100 / 911
Speicher-IC EEPROMs 25AA640AT-I/MNY, IC EEPROM 64KBIT 10MHZ 8TDFN, 8542.3200

Ich wollte Ihnen mit dieser Tabelle aufzeigen, wie Warenbezeichnungen fachlich korrekt lauten sollten. Falls eine technische Umsetzung der Vorgaben in Ihrem ERP-System nicht möglich ist, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als die Warenbezeichnungen für die Ausfuhrzollanmeldungen jeweils manuell anzupassen.

Wie Sie nach diesem Blogeintrag sicherlich bemerkt haben, hängt eine genaue Warenbezeichnung direkt mit der korrekten Einreihung von Waren in den Zolltarif zusammen. Oder wenn Sie sich nun in den Zollmitarbeiter hineinversetzen: Wissen Sie, in welche Zolltarifnummer eine Ware eingereiht würde, wenn in der Warenbezeichnung «andere Waren» geschrieben steht? Eben. 😉

FineSolutions AG

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