Interview mit Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch zum Verhand­lungs­stand von Freihandelsabkommen

Wie es nach der Absage des WTO-Treffens in Genf weitergehen soll

Allgemein
30.11.2021 von Markus Eberhard
Weltkarte, auf der CH und CN sowie JPN hervorgehoben sind und über denen wechselwirkend Pfeile aufeinander gerichtet sind

Die NZZ hat nach der Absage des WTO-Treffens ein ausführliches Interview mit Staatssekretärin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch geführt. In diesem plädiert sie für eine neue Schweizer Aussenwirtschaftspolitik und beleuchtet den Stand der diversen Verhandlungen zu Freihandelsabkommen.

Für viele unserer Kunden sind diese von Interesse, weshalb wir sie hier kurz und kompakt zusammenfassen wollen:

Mercosur

Das Mercosur-Abkommen ist vor zwei Jahren abgeschlossen worden und enthält viele Passagen zur Umwelt. Noch prüfen wird das SECO, ob zusätzliche Garantien im Umweltbereich nachverhandelt werden können, vor allem im Hinblick auf Bestrebungen der EU, die auch einen Handelsvertrag mit den südamerikanischen Ländern abgeschlossen hat.

Das Abkommen wurde noch nicht unterzeichnet, weil die Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Derzeit wird noch rechtliche Feinarbeit gemacht, und letzte Fragen müssen noch geklärt werden. Für eine Unterzeichnung muss man sich allerdings nochmals direkt treffen.

USA

Ein umfassendes Handelsabkommen steht derzeit nicht im Vordergrund. Die USA sind aber bereit, einzelne Themen anzugehen. So gibt es unter anderem ein gemeinsames Interesse, die Widerstandsfähigkeit von Wertschöpfungsketten im Pharmabereich für zukünftige Krisen zu sichern. Beide Parteien schauen jetzt, welche technischen Handelsbarrieren abgebaut werden können.

China

Die Modernisierung des Abkommens kommt schon seit einiger Zeit nicht weiter, weil Peking derzeit nicht zu einem weiteren Abbau von Zöllen / Zollabgaben für Industriegüter bereit ist. China möchte zunächst noch alle Übergangsfristen abwarten.

EU

Die Erfahrung mit dem Handelsabkommen zwischen der EU und Grossbritannien würde zeigen, dass die EU kaum Hand für ein traditionelles Freihandelsabkommen bieten wird. Ein Abkommen mit der EU sollte gemäss Frau Ineichen-Fleisch die privilegierte Teilnahme der Schweiz am Binnenmarkt spiegeln. Deshalb ist die Modernisierung eines alten, reinen Handelsabkommens nach ihrer Meinung nicht der Königsweg.

Weltweit

Die Schweiz ist derzeit in Verhandlungen mit:

  • Vietnam
  • Malaysia
  • Indien
  • der Moldau

Nächstes Jahr ist die Aufnahme von Verhandlungen mit Kosovo sowie die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Thailand geplant. Frau Ineichen-Fleisch gibt zu bedenken, dass die Schweiz mit den wichtigsten Handelspartnern, ausser mit den USA und der Eurasischen Zollunion, schon Abkommen hat. Zudem müsse die Schweiz im EFTA-Verbund die bestehenden Abkommen immer wieder aufdatieren und verbessern. Aktuell werde das gemacht mit Chile, Mexiko sowie der Südafrikanischen Zollunion.

Regionales Handelsbündnis RCEP 

Wir hatten letztes Mal vor ziemlich genau einem Jahr darüber berichtet: Auswir­kungen des Freihan­dels­ab­kom­mens RCEP auf Schweizer Exporteure. RCEP lässt gemäss ihr allerdings noch keine anderen Teilnehmer zu.

Regionales Handelsbündnis CPTPP

Anfangs 2021 hatten wir dazu den letzten Newsbeitrag verfasst: Soll die Schweiz im Schlepptau vom UK dem Abkommen für die transpa­zi­fi­sche Partner­schaft CPTPP beitreten? Gemäss Frau Ineichen-Fleisch kann man im CPTPP Mitglied werden und das Staatssekretariat für Wirtschaft würde die Entwicklung genau beobachten, auch weil sie im SECO für einige Zeit davon ausgegangen sind, dass die USA wieder beitreten könnten. Dann müsste man sich über einen Beitritt ernsthaft Gedanken machen.

Quellenangaben

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