Experte stellt grosses Kommunikationsdefizit bei der Zollverwaltung fest
Interview mit dem Organisationspsychologen Michael Josef Burtscher
Die Transformation mittels des Reorganisationsprojektes DaziT des BAZG (Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit) sorgt weiter für Unruhe und Frust bei Mitarbeitenden. Aktuell sind einige Zöllner beunruhigt, wie das BAZG mit den Finanzen umgeht. Sie kritisieren den Kauf neuer Laptops, den Fuhrpark des BAZG, die Beschaffung von Uniformen, Waffen und Schutzwesten sowie die Mieten für bald leerstehende Räume. Obwohl der Chef des Zolls, Thomas Zehnder, zu diesen Vorwürfen Stellung genommen und erklärt hat, was sich die BAZG-Führung überlegt hat, klingen die kritischen Stimmen nicht. Was ist nur los?
Für Michael Josef Burtscher, der in Schaffhausen lebt und sich an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften mit Arbeits- und Organisationspsychologie beschäftigt, ist klar, dass die Führung die weichen Faktoren vernachlässigt. Im Interview mit den Schaffhauser Nachrichten nimmt er Antworten zu folgenden Fragen des Journalisten:
- Was sagt es über die Zollverwaltung aus, wenn sich Mitarbeiter mit einem Problem an die Presse und nicht an ihre Vorgesetzten wenden?
- Was fällt Ihnen als Organisationspsychologe besonders auf, wenn Sie auf die Zollverwaltung blicken?
- Was beobachten Sie am Führungsstil des Direktors des BAZG, Christian Bock, und die Kritik an ihm?
- Finden Sie, dass die Zollverwaltung schlecht kommuniziert?
- Wie beurteilen Sie das Change-Management?
- Ist eine transparente Kommunikation für die BAZG-Geschäftsleitung nicht schwierig, da sie in diesem Veränderungsprozess selbst mit Unsicherheiten befasst ist?
- Wie müsste man eine so grosse Transformation wie DaziT idealerweise angehen?
- Haben Mitarbeiter eine Bringschuld in solchen Veränderungsprozessen?
- Geht die Transformation in der Zollverwaltung zu schnell?
- Wo genau werden Fehler begangen?
- Sie wünschen sich mehr Selbstreflexion der Führungsequipe?
- Gibt es auch Positives?
- Sind die Mitarbeiter möglicherweise vom Tempo überrascht, weil es für einen öffentlichen Verwaltungsbetrieb hoch ist – in der Privatwirtschaft wäre es hingegen normal?
- Wäre es besser, mit kleinen Schritten voranzugehen?
- Was läuft in solchen Situationen in der Psyche eines Menschen ab?
- Was raten Sie dem Zolldirektor Christian Bock?
Herr Burtscher bringt im Interview ganz klar zum Ausdruck, dass er gerne einmal die Meinung von Christian Bock hören würde, zumal es in jedem Konflikt bekanntlich zwei Seiten gibt. Er attestiert ihm zwar eine hohe Kompetenz als Jurist, vermutet aber auch eine gewisse «Déformation professionnelle», weil er andere Aspekte des Transformationsprozesses ausser Acht lässt. Er würde ihm vorschlagen, den psychologischen Prozessen mehr Beachtung zu schenken sowie öfter und besser nach aussen zu kommunizieren. Sonst würde man stets nur die Kritik an ihm vernehmen und könne sich keine ausgewogene Meinung bilden.