Drückt das SECO bei der Ausfuhr­be­wil­li­gung für die Pilatus Flugzeug­werke beide Augen zu?

Ist es das bewusste Kontrollversagen von Behörden und Politik um den PC-12?

Compliance
27.08.2021 von Markus Eberhard
Ein von Händen gehaltenes Tablet, auf dem eine Checkliste zu sehen ist

Nachdem die USA gemäss WOZ ihren Krieg in Afghanistan auch mit dem PC-12 von Pilatus geführt hatten, könnte dieses Aufklärungsflugzeug den Taliban in die Hände fallen, was nun Schweizer Politiker alarmiert. Ist es tatsächlich so, dass das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO wegen zu lascher Ausfuhrbewilligungen für diese Flugzeuge ihre Pflichten im Rahmen der Exportkontrolle nicht genügend wahrgenommen haben?

Zumindest könnte man diesen Eindruck gewinnen, wenn man die mittlerweile fast 20 Jahre dauernde Geschichte um den PC-12 der Pilatus Flugzeugwerke AG liest. Dieses ist eigentlich ein ziviles Flugzeug, das jedoch durch Um- und Nachrüstungen auch für militärische Zwecke eingesetzt werden kann und damit zu den Dual-Use Gütern zählt. Die WOZ taucht recht detailliert in die Vergangenheit ab und schildert die ersten Lieferungen solcher Flieger an die US-Luftwaffe im Jahre 2006. In diesen Jahren hätte man gem. WOZ noch sagen können, dass Pilatus nicht aktiv in die militärische Umnutzung involviert war. Und der Bund respektive das für die Exportkontrolle zuständige SECO nicht ahnen konnte, dass die zivil konzipierten PC-12 nach dem Export in die USA schliesslich von der US-Luftwaffe aufgekauft und aufgerüstet werden sollten.

Doch ab 2008 begann Pilatus ein «radikal verbessertes» Modell zu vermarkten, den PC-12 Spectre. In den Marketingschreiben war die Rede davon, dass «ein neuer Spectre die bösen Buben jagt». Und im aktuellen Firmenprospekt wird gar explizit mit dem militärischen Verwendungszweck geworben. Damit kann man nicht mehr behaupten, dass die Behörden und Politiker nichts gewusst haben. Trotzdem stufte das SECO den Export als problemlos ein. Mehr noch: Er galt für die Beamten noch nicht einmal als Rüstungsdeal, da es sich gemäss SECO bei den aus der Schweiz ausgeführten Flugzeugen des Typs PC-12 NG ausschliesslich um zivile Standardversionen handelte, die keine militärischen Spezifikationen aufweisen.

Die lasche Exportkontrollpraxis des SECO gerät angesichts der neusten Entwicklungen in Afghanistan und der zentralen Beteiligung des Flugzeugs am «War on Terror» nun aber unter Druck. Für Priska Seiler Graf, SP-Nationalrätin und Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission (SPK), zeigt der vorliegende Fall eine Gesetzeslücke auf: «Es braucht beim Export von überwiegend zivil genutzten Flugzeugen eine Auflage, die verhindert, dass diese im Ausland zu militärisch verwendbaren Flugzeugen umgebaut und an militärische Endabnehmer weiterverkauft werden.» Und auch Marionna Schlatter, grüne Nationalrätin und ebenfalls SPK-Mitglied, sieht es so: «Der konkrete Fall zeigt die heuchlerische Haltung der Schweiz auf und offenbart das eigentliche Problem unserer Gesetzgebung: Da bestehen Schlupflöcher, um Schweizer Unternehmen zu ermöglichen, im Krieg eingesetztes Material zu verkaufen, ohne dass sie dafür geradestehen müssen.»

Quellenangaben