Dual-Use Güter

Compliance 10.08.2023 von Lea Derendinger
Lesezeit 13 min Kommentare 8

Dual-Use Güter sind Güter mit einem doppelten Verwendungszweck. Sie können sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden und sind deswegen beim Export einer Bewilligungspflicht unterstellt. Dies bedeutet, dass im Rahmen der güterbezogenen Exportkontrolle alle Waren durch den Exporteur überprüft werden müssen, damit definiert werden kann, ob für die Lieferung eine Ausfuhrbewilligung eingeholt werden muss.

Auch wenn Sie zuerst denken, dass Ihre Produkte nicht unter die Definition der Dual-Use Güter (mit Doppelverwendungsfähigkeit) fallen, ist es trotzdem notwendig, diese Güterprüfung vorzunehmen. Sie wissen danach mit Bestimmtheit, ob Ihre Produkte nicht bewilligungspflichtig (in Deutschland auch genehmigungspflichtig genannt) sind. Sie müssen dies gegenüber den Behörden auch entsprechend belegen können.

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Unsere Fachbeiträge sollen Verantwortliche in Firmen bei der täglichen Arbeit unterstützen. Viele Themen sind teils sehr komplex und wir möchten darauf hinweisen, dass unsere Beiträge keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Wir sind bestrebt, die Inhalte jeweils stets aktuell zu halten, bieten dafür aber keine Garantie.

Der Exporteur / Importeur ist selbst für die Einhaltung der relevanten Gesetzgebungen verantwortlich.

1. Was sind Dual-Use Güter?

Das Güterkontrollgesetz (GKG) und die Güterkontrollverordnung (GKV) regeln die Bestimmungen zum Umgang von Dual-Use Gütern. Der Begriff Güter umfasst in diesen Gesetzgebungen nicht nur Produkte, sondern auch Technologie und Software. Wenn wir in diesem Beitrag von Gütern / Waren sprechen, sind im Sinne der Exportkontrolle auch Technologie und Software gemeint. Dual-Use Güter sind hauptsächlich Industrieprodukte, welche aufgrund ihrer Spezifikationen so eingestuft werden.

Im Teilbereich der Güterprüfung geht es darum, dass Firmen identifizieren müssen, ob ihre Waren unter eine der folgenden Regeln fallen:

  • Dual-Use Güter
  • besondere militärische Güter oder
  • Kriegsmaterialgesetzgebung


Diese Überprüfung ist in jedem Betrieb in Eigenverantwortung sicherzustellen. Das gesamte Produktsortiment muss gegenüber den verschiedenen Anhängen (Güterlisten oder in Deutschland auch Ausfuhrliste genannt) kontrolliert werden.

2. Wer muss die Überprü­fung von Dual-Use Gütern vornehmen?

Die Güterprüfung (auch Güterklassifizierung genannt) muss durch jede Firma eigenverantwortlich durchgeführt und dokumentiert werden. Diese Klassifizierung kann oftmals nur durch Mitarbeiter mit fundierten Produktkenntnissen erfolgen.

In vielen Firmen sehen wir, dass die Exportkontrolle auf den Schultern der Exportsachbearbeiterin lastet. Dabei verfügt diese Person meistens nicht über genügend technische Produktkenntnisse, damit sie die Klassifizierung durchführen kann.

Wir empfehlen deshalb, die Exportkontroll-Prüfschritte auf verschiedene Abteilungen oder Mitarbeiter aufzuteilen, sodass die Arbeiten auch entsprechend durchgeführt werden können. Der Exportkontrollverantwortliche koordiniert und überwacht die Prozesse und das Exportkontrollpersonal führt die operativen Arbeiten aus. Für die Regelung dieser Aufgaben und die Definition der verantwortlichen Personen benötigt jeder Betrieb ein internes Kontrollprogramm (ICP). In unserem Zollbegriff Internal Compliance Program (ICP) finden Sie die dafür notwendigen Informationen.

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3. Wo findet man die Dual-Use Güterlisten und wie sind diese aufgebaut?

In verschiedenen internationalen Arbeitsgruppen und Gremien sind Güterlisten ausgearbeitet worden, die von verschiedenen Ländern in nationales Recht umgewandelt wurden. Am 13. Dezember 1996 trat in der Schweiz das Güterkontrollgesetz in Kraft. Knapp 20 Jahre später wurde die darauf aufbauende Güterkontrollverordnung (GKV) generalüberholt.

Diese Listen inklusive Anhänge werden auf der Website des SECO publiziert.

Anhänge 1 und 2 GKV → beinhalten Dual-Use Güter
Anhang 3 GKV → beinhaltet besondere militärische Waren
Anhang 4 GKV → beinhaltet strategische Güter (im Moment keine definiert)
Anhang 5 GKV → beinhaltet Waren, die nationalen Ausfuhrkontrollen unterliegen
Anhang 6 GKV → beinhaltet Staaten des Schengen-Assoziierungsabkommens (nach Art.4c)
Anhang 7 GKV → beinhaltet Staaten nach Artikel 12, Absatz 1

Der Aufbau der Dual-Use Liste (Anhänge 1 und 2), im Sinne der international nahezu harmonisierten Gesetzgebungen, sieht wie folgt aus:

Kategorien (Produktbereiche)

  • Kategorie 0: Kerntechnische Materialien, Anlagen und Ausrüstung
  • Kategorie 1: Besondere Werkstoffe und Materialien und zugehörige Ausrüstung
  • Kategorie 2: Werkstoffbearbeitung
  • Kategorie 3: Allgemeine Elektronik
  • Kategorie 4: Rechner
  • Kategorie 5: Telekommunikation und Informationssicherheit
  • Kategorie 6: Sensoren und Laser
  • Kategorie 7: Luftfahrtelektronik und Navigation
  • Kategorie 8: Meeres- und Schiffstechnik
  • Kategorie 9: Luftfahrt, Raumfahrt und Antriebe

Gattungen 

  • Gattung A: Systeme, Ausrüstungen und Bestandteile
  • Gattung B: Prüf-, Test- und Herstellungseinrichtungen
  • Gattung C: Werkstoffe und Materialien
  • Gattung D: Datenverarbeitungsprogramme (Software)
  • Gattung E: Technologie

Die Exportkontrollnummer (EKN) setzt sich zusammen aus «Kategorie – Gattung – Kennzeichnungsnummer» und zusätzlichen Ziffern sowie Buchstaben, so wie sie in der Güterliste ersichtlich sind.

 

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finesolutions Praxisbeispiel

Ein Ventil, welches folgende Eigenschaften besitzt, ist bewilligungspflichtig:

a) Nennweite grösser/gleich 5 mm
b) mit Federbalgabdichtung und
c) ganz aus Aluminium, Aluminiumlegierungen, Nickel oder Nickellegierungen mit mehr als 60 Gewichtsprozent Nickel hergestellt oder damit ausgekleidet

Entsprechend setzt sich die EKN zusammen: aus Kategorie 2 (Werkstoffbearbeitung) aus der Gattung A (Systeme, Ausrüstungen und Bestandteile) und der Kennzeichnungsnummer 226 = EKN 2A226.

4. Wie werden Dual-Use Güter bestimmt? Ablauf anhand eines Beispiels.

Eine Güterklassifizierung ist für das gesamte Produktsortiment notwendig. Wenn Sie die Güterprüfung für Ihre Produkte vorgenommen haben, müssen Sie jeweils nur noch die jährlichen Änderungen der Güterlisten überprüfen und definieren, ob gewisse Produkte von den Änderungen betroffen sind. Dafür benötigen Sie eine Dokumentation der Güterklassifizierung.

Die meisten Firmen erstellen eine Excel-Datei, in welcher folgende Angaben aufgeführt sind:

Klicken um Tabelle zu öffnen

Artikelnr. Warenbez. Zolltarifnr. Ursprungsland EKN Zutreffend Bewilligung
1275.115 Rückschlagventil 8481.3090 Deutschland 2A226
0B001
2B350g
a) + b) + c) ja
nein
1. a) + b) nein
ja
3876.271 Stahlrohr 7304.5912 Frankreich 2B350h 1. ja ja
3877.892 Stahlrohr 7304.5912 Frankreich 2B350h nein nein

Die Dual-Use Güterliste umfasst, je nach Jahr, zwischen 200 und 400 Seiten und wird als PDF-Datei zur Verfügung gestellt. Wir zeigen Ihnen in diesem Beitrag, wie Sie ein Hilfsmittel anwenden können, das Sie einfacher und schneller ans Ziel führt. Jedoch ist zu beachten, dass dieses Dokument keinen rechtlichen Charakter hat und vom Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Deutschland als Hilfsmittel zur Verfügung gestellt wird.

Zudem müssen wir zwingend darauf hinweisen, dass ein Einstieg in die Güterklassifizierung via die Zolltarifnummer nur dann zielführend ist, sofern die Zolltarifnummer für das entsprechende Produkt korrekt definiert wurde. Leider sehen wir in vielen Betrieben, dass der Zolltarifnummer zu wenig Beachtung geschenkt wird und die Produkte häufig nicht korrekt in den Zolltarif Tares eingereiht wurden. Bei einer inkorrekten Zolltarifnummer gehen Sie von Beginn an in die falsche Richtung und die Klassifizierung wird am Ende nicht stimmen! Deshalb prüfen Sie bitte die Richtigkeit der Zolltarifnummer, bevor Sie diese Vereinfachung mit dem Hilfsmittel des BAFA’s anwenden.

Um ganz sicher zu sein, dass Ihre Zolltarifnummer korrekt ist, können Sie auch eine Zolltarifauskunft beantragen. Massgebend für die Einhaltung der Gesetze in der Schweiz bezüglich den Dual-Use Gütern sind nach wie vor die Anhänge 1 und 2 der GKV.

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Dual-Use Güter bestimmen
Ablauf anhand eines Beispiels

Schritt 1: Sie möchten einen Frequenzumwandler exportieren und müssen prüfen, ob dieser Frequenzumwandler einer Bewilligungspflicht für Dual-Use Güter unterliegt. Der Frequenzumrichter soll nach Deutschland exportiert werden. Für den Export des Produktes benötigen Sie eine Zolltarifnummer, die Sie im Tares heraussuchen. Die korrekte Zolltarifnummer für dieses Beispiel lautet 8504.4000.

Schritt 2: Sie rufen die Website des BAFA auf und gehen unter dem Themenpunkt Aussenwirtschaft / Ausfuhrkontrolle zu den Güterlisten, wo Sie ein Umschlüsselungsverzeichnis finden. Lesen Sie die einleitenden Texte sowie die Einführungen und Erläuterungen im Dokument «Umschlüsselungsverzeichnis» genau durch, damit Sie auch wissen, wie dieses Hilfsmittel Sie bei der Güterklassifizierung unterstützen kann.

 

Schritt 3: Für den Frequenzumwandler mit der Zolltarifnummer 8504.4000 befinden Sie sich im «Abschnitt XVI – Maschinen, Apparate, mechanische Geräte und elektrotechnische Waren,…». Sie sehen, dass dieses Umschlüsselungsverzeichnis nach den römischen Abschnitten und nach den Zolltarifkapiteln aufgebaut ist. Beim Frequenzumwandler befinden wir uns im Zolltarifkapitel 85 und deshalb ist dieses Dokument massgebend. In dieser PDF-Datei scrollen Sie nach unten, bis Sie sich am Anfang vom Zolltarifkapitel 85 befinden.

 

Schritt 4: Jetzt prüfen Sie den Teil A. Allgemeines zum Kapitel 85, ob Ihr Produkt von einzelnen Definitionen betroffen ist. Die Nummern auf der rechten Seite im Dokument sind die sogenannten Güterlisten-Nummern oder auch Exportkontrollnummern genannt.

Die Zahlen, welche nur vierstellig aufgeführt werden, weisen auf eine ML-Nummer (military listed) hin und dafür prüfen Sie den Anhang 3 gemäss GKV für besondere militärische Produkte. 0017 im BAFA Umschlüsselungsverzeichnis bedeutet, dass ML17 im Anhang 3 der GKV geprüft werden muss.

Überprüfen Sie auch die einzelnen Exportkontrollnummern des Allgemeinen Teils, analog zur Vorgehensweise im Schritt 5.

Schritt 5: Jetzt scrollen Sie im BAFA Umschlüsselungsverzeichnis zum Teil B. Besonderes (Einzelpositionen). Hier suchen Sie Ihre Zolltarifnummer, wobei Sie nur die sechsstellige Tarifnummer beachten müssen, da die Zolltarifnummern international nur auf sechs Stellen identisch sind. Bei der sechsstelligen Zolltarifnummer 8504.40 werden verschiedene EKN angezeigt, welche zutreffen könnten.

Schritt 6: Kopieren Sie die im Umschlüsselungsverzeichnis aufgeführten EKN und gehen Sie zurück in die Anhänge 2 und 3 auf der SECO Seite. Dort suchen Sie mit der Suchfunktion die einzelnen EKN, welche bei einem Frequenzumwandler zutreffen könnten und lesen, ob Ihr Produkt diesen Spezifikationen entspricht. Bitte lesen Sie auch hier sorgfältig die einleitenden Bemerkungen der Güterliste, damit Sie diese korrekt anwenden.

Nun haben Sie gesehen, wie die Klassifizierung von Dual-Use Gütern als ein Teilbereich der Exportkontrolle für alle Ihre Produkte durchgeführt werden muss. Falls ein Produkt die Spezifikationen erfüllt, benötigen Sie eine Ausfuhrbewilligung (in Deutschland auch Ausfuhrgenehmigung genannt) für diese Waren.

Was Sie jetzt noch nicht geprüft haben, ist der Anhang 3 der GKV der besonderen militärischen Güter. Sofern Ihre Produkte militärisch verwendet werden, müssen Sie dies wissen und diese Abklärung wird mittels der Endverbleibserklärung durchgeführt und dokumentiert.

Nicht zu vergessen: die Überprüfung der Teilbereiche Personen / Firmen (mit Prüfung der Sanktionslisten) und Länder (Embargo / Sanktionen) muss zusätzlich durchgeführt werden. Lesen Sie mehr dazu in den Beiträgen Sanktionslistenprüfung und Embargo / Sanktionen.

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Die Güterprüfung von Chemikalien erfolgt nach einer ähnlichen Vorgehensweise. In der Chemikalienkontrollverordnung gibt es verschiedene Listen, welche geprüft werden müssen. Bitte beachten Sie bei der Klassifizierung von Chemikalien auch die Bestandteile-Regelung bei Mischungen.

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Haben Sie noch Fragen zur Güterklassifizierung der Dual-Use Güter? 

Gerne unterstützen wir Sie individuell auf Ihre Firma abgestimmt mit einem Beratungsgespräch zum Thema Exportkontrolle.

5. Sind bewilli­gungs­pflich­tige Anteile im Endpro­dukt relevant?

Ja. In der Güterkontrollverordnung im Artikel 3 wird Folgendes beschrieben:

«Wer Güter ausführen will, die Bestandteile eines Guts nach Anhang 2 oder 3 enthalten, braucht eine Bewilligung des SECO, wenn die Bestandteile zu den Hauptelementen dieses Guts gehören oder insgesamt mehr als 25 Prozent von dessen Wert nach Artikel 9 der Verordnung vom 12. Oktober 2011 über die Statistik des Aussenhandels ausmachen.»

Sie stellen beispielsweise eine Pumpenbaugruppe her. Die Pumpe selbst entspricht den Spezifikationen von Dual-Use gemäss dem Anhang 2 und ist bewilligungspflichtig. Jetzt müssen Sie prüfen, ob die Pumpe als Hauptelement des Endproduktes gilt oder in der Stückliste der Baugruppe mehr als 25 % am Verkaufspreis der Baugruppe ausmacht. Bei einer Pumpenbaugruppe bildet die Pumpe das Hauptelement und somit benötigen Sie für den Export der gesamten Baugruppe (Endprodukt) eine Bewilligung.

Für die Prüfung der Anteile-Regelung ist zu beachten: Der Wert der Baugruppe, welcher 100 % bildet, ist der in der Ausfuhrzollanmeldung als Warenwert angemeldete Betrag. Somit können Sie errechnen, ob der bewilligungspflichtige Bestandteil mehr als 25 % ausmacht.

6. Wie müssen Dual-Use Güter in der Zollan­mel­dung deklariert werden?

Für den Export von Dual-Use Gütern benötigen Sie eine Ausfuhrbewilligung des SECO. Diese Genehmigung beantragen Sie via ELIC in elektronischer Form. Sobald Sie die Bewilligung vom SECO erhalten haben, muss die Bewilligungsnummer in der e-dec Export Ausfuhrliste deklariert werden. Sofern Sie die Ausfuhrzollanmeldung nicht selbst erstellen, ist es zwingend notwendig, dass Sie den Verzollungsdienstleister darüber informieren, dass die Waren als bewilligungspflichtig deklariert werden müssen.

Sofern Sie über eine eigene e-dec Software wie z.B. ExpoWin verfügen und die Ausfuhrliste selbst erstellen, erfassen Sie in der entsprechenden Position folgende Angaben:

  • die Art der Bewilligung
  • von welcher Stelle die Bewilligung erteilt wurde
  • die Bewilligungsnummer und das Datum
  • die Positionsnummer der Bewilligung
  • die abzuschreibende Menge

7. Ist Ihre Schweizer Firma vom US-(Re)Exportkontrollrecht betroffen?

In unserem Zollbegriff sind wir bisher nur auf die Güterklassifizierung von Dual-Use Gütern gemäss den Schweizer Rechtsgrundlagen eingegangen. Jedoch sind viele Firmen auch vom US-(Re)Exportkontrollrecht betroffen. Dies ist unter anderem der Fall, sofern Sie einen der folgenden Punkte erfüllen:

Handel, Herstellung und Export von Gütern:

  • mit US-Ursprung
  • mit einem gewissen Umfang an kontrollierten US-Bestandteilen
  • welche unter Verwendung von sensibler US-Technologie oder Software hergestellt wurden

US-Personen im Betrieb:

  • US-Staatsbürger
  • Green-Card-Holder
  • Personen mit Erstwohnsitz in den USA

Die zuständige Behörde in den USA für die güterbezogene Exportkontrolle ist das U.S. Department of Commerce Bureau of Industry and Security (BIS).

Als Vertreter einer Schweizer Firma müssen Sie zuerst prüfen, ob Sie von der US-Re-Exportkontrolle betroffen sind. In vielen Betrieben werden US-Produkte als Vormaterial für die Produktion eingesetzt oder Güter gehandelt oder verbaut, welche einen gewissen Anteil an US-Ursprung besitzen. Deshalb ist fast jeder Betrieb vom US-(Re)-Exportkontrollrecht betroffen.

8. ECCN oder EAR99? Dual-Use Güterklas­si­fi­zie­rung nach US-(Re)Exportkontrolle

Ob die Güter unter eine ECCN (Export Control Classification Number) oder unter EAR99 fallen, muss jeweils in Eigenverantwortung nach den US-Exportkontrollvorschriften überprüft werden. Bei Einkaufsmaterialien (z.B. mit US-Ursprung oder Anteile an US-Material) fragen Sie Ihren Lieferanten an, welche Klassifizierung diese besitzen.

EAR99 bedeutet, dass die Waren den Export Administration Regulations (EAR) unterstellt sind, jedoch keine eigene ECCN besitzen. Dies bedeutet aber nicht, dass die Güter, gekennzeichnet mit EAR99, keine Ausfuhrbewilligung benötigen. Auch für Waren mit dieser Güterklassifizierung müssen die US-Re-Exportkontrollvorschriften durch Schweizer Unternehmen überprüft werden.

Güter mit einer ECCN wurden schon nach US-Recht klassifiziert und vor der Wiederausfuhr muss auch hier das US-Exportkontrollrecht durch den Exporteur in der Schweiz beachtet werden. In vielen Fällen benötigen Sie für diese Produkte eine Wiederausfuhr-Bewilligung der USA.

Für die Güterklassifizierung nach Dual-Use gemäss der US-Re-Exportkontrolle publiziert das BIS einen nützlichen Entscheidungsbaum «Decision Tree». Dieser zeigt Ihnen auf, welche Prüfschritte durchgeführt werden müssen, sofern Sie Waren im Sortiment haben oder auch herstellen, welche den EAR unterliegen. Die jeweiligen Prüfschritte bezüglich EAR99 oder ECCN sind nicht identisch.

Die Güterklassifizierung nach US-Re-Exportkontrollrecht stellt eine grosse Herausforderung dar, weil die Publikationen des BIS sehr umfangreich sind und diese rechtlich formulierten Texte nur in Englischer Sprache zur Verfügung gestellt werden.

Deshalb empfehlen wir Ihnen, dass Sie zuerst die Güterprüfung gemäss den Schweizer Vorschriften vornehmen und sich danach um die Klassifizierung nach den US-Re-Exportkontrollvorschriften kümmern.

Beachten Sie bitte, dass wir hier nur Informationen bezüglich der güterbezogenen Prüfung gemäss US-Exportkontrollrecht aufzeigen. Die länderspezifischen Sanktionsmassnahmen der USA müssen auch zwingend beachtet werden. Diese werden vom OFAC (Office of Foreign Assets Control) publiziert.

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8 Kommentare zu «Dual-Use Güter»

Lukas Horat5. Februar 2024

Grossartig and verständlich erklärt! Besten Dank.

Lea Derendinger

5. Februar 2024

Guten Tag Herr Horat

Herzlichen Dank für Ihre positive Rückmeldung zu dieser Zollbegriffserklärung auf unserer Website. Es freut mich, dass die Schritt-für-Schritt Anleitung verständlich erklärt ist und Ihnen weiterhilft.

Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und wünschen Ihnen viel Erfolg im Aussenhandel.

Herzliche Grüsse

Lea Derendinger

Darijo Lukic27. Juni 2023

Guten Tag Frau Derendinger

Besten Dank für die ausführliche Erklärung.

Ich hätte bezüglich der Zolltarifnummer und der Güterlistennummer eine Frage:
Und zwar habe ich bei unseren Kernprodukten die Zolltarifnummer 8483.5020 (Zahnriemenscheiben). Beim Umschlüsselungsverzeichnis finde ich die Zolltarifnummer nicht und in der Dual-Use-Güterliste des SECO finde ich auch nichts zu Zahnriemenscheiben. Kann ich davon ausgehen, dass Zahnriemenscheiben keine Dual-Use-Güter sind? Ich bin etwas unsicher, da laut TARES eine Möglichkeit für Dual-Use-Güter besteht.

Lea Derendinger

28. Juni 2023

Guten Tag Herr Lukic

Besten Dank für Ihre Anfrage via unseren Beitrag im Web. Die Einträge im Tares sind lediglich Hinweise und das Umschlüsselungsverzeichnis stellt ein unverbindliches Hilfsmittel dar.

Da diese Zolltarifnummer in den Einzelpositionen des Umschlüsselungsverzeichnisses nicht genannt wird, ist der allgemeine Teil des Kapitels 84 des Umschlüsselungsverzeichnisses zu überprüfen. Im allgemeinen Teil sind Exportkontroll-Nummern und besondere militärische Güter aufgeführt, welche auf ALLE Produkte im Tarifkapitel 84 zutreffen können.

Sie müssen diesen Teil noch prüfen, ob Ihre Produkte von einer dieser Nummern betroffen sind, damit Sie beurteilen können, ob Ihre Produkte eine Ausfuhrbewilligung für Dual-Use Güter benötigen.

Wir hoffen, dass wir Ihnen weiterhelfen konnten und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg im Aussenhandel.

Freundliche Grüsse

Lea Derendinger

Tolga Bayrav26. Juni 2023

Liebe Lea,

Besten Dank! Sehr gute Erklärung. Ich denke, ich versteh den Ansatz richtig.

Ihre Beiträge haben schon manche Fragen gelöst!

Allerdings, seien mir die folgende Anfängerfragen zu Dual Use erlaubt:
Ich als Händler von einer Aluminium Legierung, die unter Dual Use fällt verkaufe im Normalfall diese Legierung nicht bzw. nur, wenn bestätigt wird, dass nur zivile Anwendung erfolgt. Korrekt?
Wie sieht es aus, wenn ein Kunde das tatsächlich in ein militärisches Produkt einbaut und dafür eine Genehmigung vom Bund hat? Darf ich dann verkaufen und worauf muss ich achten?

Lea Derendinger

26. Juni 2023

Guten Tag Herr Bayrav

Herzlichen Dank für das Kompliment zu unseren Beiträgen. Es freut uns sehr, dass schon manche Fragen gelöst werden konnten.

Es ist nicht grundsätzlich verboten, die Dual-Use Aluminiumlegierung an ein Unternehmen zu verkaufen, welches militärische Produkte herstellt. Wenn der Kunde hierfür eine Genehmigung vom SECO hat und Sie als Verkäufer alle Prüfschritte korrekt erledigen und die nötigen Bewilligungen auch einholen, ist diese Abwicklung möglich. Da ich aber von Ihrem Geschäftsfall zu wenig weiss und nicht alle Fakten kenne, kann ich keine Empfehlung geben, welche Punkte beachtet werden müssen. Dies könnten wir gerne in einem individuellen Beratungsgespräch zusammen anschauen.

Auch wenn ich nicht abschliessend eine Rückmeldung geben kann, hoffe ich, dass diese Antwort hilfreich ist. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg im Aussenhandel.

Freundliche Grüsse

Lea Derendinger

Manuela Gurtner17. Februar 2023

Super erklärt und relativ einfach (bei schwerer Thematik) durch die einzelnen Schritte geführt. Grosses Kompliment!

Lea Derendinger

20. Februar 2023

Liebe Manuela

Herzlichen Dank für Dein positives Feedback zu unserem Fachbeitrag. Das freut uns sehr und wir sind fleissig am Erarbeiten von neuen Beiträgen, welche für unsere Kunden hoffentlich einen Mehrwert bieten.

Herzliche Grüsse

Lea