Sankti­ons­liste

Compliance 17.11.2021 von Lea Derendinger
Lesezeit 9 min Kommentare 0

Es gibt nicht nur eine Sanktionsliste, sondern mittlerweile über 500 verschiedene internationale Sanktionslisten (auch «Blacklists» oder «Verbotslisten» genannt), in welchen Firmen, Personen und Organisationen aufgeführt werden, mit denen keine Geschäftstätigkeiten durchgeführt werden dürfen. Diese Listen dienen der weltweiten Terrorismusbekämpfung und sind für die Umsetzung von Embargos / Sanktionen notwendig.

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finesolutions Hinweis

Unsere Fachbeiträge sollen Verantwortliche in Firmen bei der täglichen Arbeit unterstützen. Viele Themen sind teils sehr komplex und wir möchten darauf hinweisen, dass unsere Beiträge keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Wir sind bestrebt, die Inhalte stets aktuell zu halten, bieten dafür aber keine Garantie.

Der Exporteur / Importeur ist selbst für die Einhaltung der relevanten Gesetzgebungen verantwortlich.

1. Was ist eine Sanktionsliste?

Eine Sanktionsliste ist ein Verzeichnis von Personen, Gruppen und Organisationen, gegen welche wirtschaftliche oder rechtliche Massnahmen bestehen. Diese wird von einer offiziellen Stelle eines Landes oder von unterschiedlichen Vereinigungen publiziert, wobei es pro Land / Vereinigung verschiedene Listen geben kann.

Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die erste Sanktionsliste gegenüber Al-Qaida und Taliban herausgegeben. Danach haben weitere Staaten eigene Listen definiert, welche zur internationalen Terrorismusbekämpfung, Vermeidung von Geldwäscherei und Proliferationsfinanzierung beitragen sollen.

Den Firmen und Personen auf einer Blacklist soll die wirtschaftliche Basis entzogen werden. Dies geschieht durch die Unterbindung jeglicher Finanztransaktionen sowie der Nutzung von wirtschaftlichen Ressourcen. Der Handel und andere geschäftliche Beziehungen mit sanktionierten Firmen und Personen ist oftmals verboten.

Diese Listen bilden einen wichtigen Bestandteil der Exportkontrolle für alle Unternehmen und sind unabhängig vom Bestimmungsland zu prüfen.

Gewisse länderspezifische Sanktionslisten (Sanktionsmassnahmen) werden basierend auf den Verordnungen bezüglich Sanktionsmassnahmen gegenüber gewissen Ländern veröffentlicht. Oftmals werden in diesen Verordnungen auch güterbasierte Listen mit Sanktionen publiziert. In diesen Fällen ist es wichtig zu prüfen, an wen welche Güter geliefert und wie diese verwendet werden.

2. Wer steht auf einer Sanktionsliste?

Auf einer Sanktionsliste sind sowohl Personen aufgeführt als auch Firmen und Unternehmen, welche in der Vergangenheit in terroristische oder illegale Tätigkeiten involviert waren. Es sind aber auch Unternehmen aufgeführt, gegen die wirtschaftliche Massnahmen beschlossen wurden.

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Beispiel 1: Logex

Firma Logex aus Weissrussland ist auf der SECO-Sanktionsliste aufgeführt

Gegen diese Firma bestehen Finanzsanktionen sowie ein Ein- und Durchreiseverbot für natürliche Personen, welche im Anhang 7 zur Verordnung über Massnahmen gegenüber Belarus aufgeführt sind.

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Beispiel 2: Huawei Technologies Co.

Firma Huawei Technologies Co., Ltd. Shanghai China ist auf der Entity List der USA aufgeführt

Die Entity List der USA wird basierend auf den Export Administration Regulations (EAR) publiziert.
Die Entity List enthält Namen bestimmter ausländischer Personen und Firmen, die für folgende Verkehre gewisser Güter einer besonderen Genehmigungspflicht unterliegen können:

  • Vermittlung
  • Ausfuhr
  • Wiederausfuhr und/oder
  • Weitergabe (im Inland)


In so einem Fall müssen Sie genau prüfen, welche Güter geliefert werden dürfen und für welche Güter eine Bewilligungspflicht besteht.

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Beispiel 3: Ajay Kumar Gupta

Die Person Ajay Kumar Gupta ist auf der UK-Sanktionsliste aufgeführt

Es handelt sich um einen Geschäftsmann, der an verschiedenen schweren Korruptionsfällen in Südafrika beteiligt war.

3. Welche wichtigen Sankti­ons­listen gibt es?

Es bestehen diverse Listen, die durch international tätige Unternehmen geprüft werden sollten. Umgangssprachlich werden diese wie folgt genannt:

  • Sanktionsliste Schweiz (SECO)
  • Sanktionslisten EU
  • Sanktionsliste Russland
  • Sanktionsliste USA
  • Sanktionsliste UN
  • Sanktionsliste Iran

In der nachfolgenden Tabelle finden Sie die offiziellen Bezeichnungen sowie den Herausgeber dieser Verzeichnisse: (Aufzählung nicht abschliessend)

Sanktionsliste Herausgeber
UN - Consolidated Sanctions List Vereinte Nationen UN
UN - Al-Qaida Sanctions List Vereinte Nationen UN
CH - SECO Sanktionsliste Staatssekretariat für Wirtschaft SECO
EU - Common Foreign & Security Policy Europäische Union
EU - Sanctions against Russia and Ukraine Europäische Union
UK - Consolidated List of Financial Sanctions Targets HM Treasury
US - Specially Designated Nationals List Office of Foreign Assets Control (OFAC) of the US Department of Treasury
US - Denied Persons List Bureau of Industry & Security of the US Department of Commerce
US - Entity List Bureau of Industry & Security of the US Department of Commerce
US - Nonproliferation Sanctions List US Department of State, Bureau of International Security and Nonproliferation
US - Sectoral Sanctions Identifications List Office of Foreign Assets Control (OFAC) of the US Department of Treasury
US - Military End User (MEU) List Bureau of Industry & Security of the US Department of Commerce
Iran Watch - Suppliers Wisconsin Project on Nuclear Arms Control
Iran Watch - Iranian Entities Wisconsin Project on Nuclear Arms Control
JP - METI End User List METI Ministry of Economy, Trade and Industry
CAN - Consolidated Canadian Autonomous Sanctions List Government of Canada
AUS - Consolidated List Department of Foreign Affairs and Trade

4. Was ist der Unterschied zwischen Sankti­ons­listen und Frühwarnlisten?

Sanktionslisten sind meistens als Verbotslisten definiert. Das bedeutet, dass diese zwingend geprüft werden müssen und eine Geschäftsabwicklung mit diesen Parteien oftmals nicht erlaubt ist oder eine Bewilligung für die Lieferung beantragt werden muss.

Es bestehen jedoch auch gewisse Frühwarnlisten, die keine Verbotslisten darstellen. Die UN-Liste zum Beispiel muss nur durch Firmen, welche in UN-Mitgliedstaaten ansässig sind, geprüft werden. Die Schweiz ist Mitgliedstaat in der UN und deshalb wurde die UN-Liste auch in die SECO-Liste inkludiert. Somit regeln die lokalen Gesetzesbestimmungen, welche Firma welche Listen prüfen muss.

5. Welche Sankti­ons­listen müssen geprüft werden?

Diese Frage kann leider nicht generell beantwortet werden und hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab:

  • Lokale Gesetzgebungen
  • Firmenstruktur (z.B. wo befindet sich der Hauptsitz Ihrer Firma? In den USA? Mit welchen Ländern betreiben Sie Geschäftsbeziehungen?)
  • Geschäftstätigkeiten

Sofern Sie in einem international tätigen Unternehmen arbeiten, empfehlen wir Ihnen, alle relevanten internationalen Listen zu prüfen. Viele Länder oder auch Ländergruppen, so auch die Europäische Union, führen ebenfalls eigene Sanktionslisten mit Personen, Firmen und Organisationen. Handeln Sie mit solchen Personen / Firmen, verstossen Sie gegen das Exportkontrollrecht des jeweiligen Landes oder der Ländergruppe.

Was Sie bei der Prüfung von Listen mit Sanktionen beachten müssen, erfahren Sie in unserem Fachbeitrag Sanktionslistenprüfung. Dabei kann eine Software für Sanktionslistenprüfung hilfreich sein, denn damit kann die Prüfung schnell und effizient gegen viele verschiedene Listen durchgeführt werden:

6. Müssen US-Sankti­ons­listen von Schweizer Exporteuren geprüft werden?

Die USA beanspruchen aufgrund des Extraterritorialrechts für viele ihrer Aussenhandelsgesetze weltweite Geltung. Unternehmen mit Sitz in der Schweiz empfehlen wir daher, die Prüfung ihrer Geschäftspartner auch gegen US-Sanktionslisten («Blacklists») vorzunehmen.

In gewissen Fällen ist die Prüfung der US-Richtlinien auch eine Pflicht. Zum Beispiel, wenn Sie mit US-Waren handeln oder Ihre Fertigungserzeugnisse gewisse Anteile an US-Produkten beinhalten. Auch unter weiteren Umständen sind die US-Listen zwingend zu prüfen.

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finesolutions Praxisbeispiel
US-Sanktionslisten

Was einem mittelständischen Unternehmen passieren kann, wenn der Name der Firma oder auch eines Vorstandsmitglieds des Unternehmens auf eine US-Sanktionsliste gesetzt wird, kann am Fall Ulrich Wippermann aufgezeigt werden.

Herr Wippermann war im Vorstand der deutschen Forfait AG. Ihm wurde von den USA vorgeworfen, mit der National Iranian Oil Company (NIOC) Ölgeschäfte eingefädelt zu haben. Aus Sicht der USA gilt die NIOC als Terrorunterstützer.

Somit beschloss die USA im Februar 2014, Herrn Wippermann auf die SDN-Sanktionsliste (Specially Designated Nationals) zu setzen, da er angeblich Geschäfte mit Personen / Firmen auf dieser Liste abwickelte. Dies hatte schwerwiegende Folgen für ihn als Person, aber auch für die Firma. Andere Unternehmen wollten nichts mehr mit der Forfait AG zu tun haben, weil Herr Wippermann auf der SDN-Liste der USA erschien. Somit konnte die Firma keine Geschäfte mehr abschliessen und musste, etwas mehr als ein Jahr später, Insolvenz anmelden.

Eine nachträgliche Prüfung der Bundesbank ergab, dass die Deutsche Forfait AG mit den Iran-Geschäften weder gegen deutsches noch gegen das EU-Recht verstossen habe. Dies nützte jedoch weder Herrn Wippermann noch der Forfait AG etwas, da die Firma bereits insolvent war.

Wenn Sie alle internationalen Listen manuell prüfen wollen, müssten Sie diese einzeln durchgehen, was für ein Unternehmen einen grossen administrativen Aufwand bedeutet und realistisch gesehen fast nicht möglich ist. Die manuellen Abfragen sollten zudem intern abgelegt und mit einem Zeitstempel versehen werden, damit Sie dokumentieren können, welche Listen zu welchem Zeitpunkt geprüft wurden. Die manuelle Prüfung der einzelnen Sanktionslisten ist schlichtweg zu zeitintensiv.

Nur mit einer Software-Lösung kann eine ordentliche, speditive Prüfung vorgenommen werden, mit der alle wichtigen internationalen Listen geprüft werden. Diese prüft die Adressen gegen die relevanten Listen in wenigen Sekunden und erstellt automatisch das Protokoll mit Prüfdatum und Zeitstempel. Erfahren Sie mehr dazu im entsprechenden Fachbeitrag unter der Frage «Wie unterstützt eine Software bei der Sanktionslistenprüfung?».

7. Sankti­ons­listen vs. Sanktionsmassnahmen?

Oftmals werden Sanktionslisten und Sanktionsmassnahmen verwechselt. Sanktionsmassnahmen werden häufig gegenüber gewissen Ländern ausgesprochen und in den Verordnungen zu den Sanktionsmassnahmen publiziert. Es ist korrekt, dass diese Verordnungen auch die Grundlagen regeln, gegenüber welchen Personen oder Firmen Sanktionsmassnahmen bestehen.

Wir empfehlen diese Teilbereiche der Exportkontrolle aber zuerst getrennt zu betrachten und erst, sofern eine Verbindung besteht, zwischen den Sanktionsmassnahmen (Länder) und den Personen / Firmen, diese zusammen zu prüfen.

Teilbereich Personen / Firmen der Exportkontrolle:

Mit Personen und Firmen auf Sanktionslisten ist es in den meisten Fällen verboten, Geschäfte abzuwickeln. Sie prüfen alle Geschäftskontakte gegen die Listen.

 

Teilbereich Länder der Exportkontrolle:

Zum Beispiel bei einer Lieferung nach Russland muss die «Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine» beachtet werden. Diese definiert Finanz- und Handelsbeschränkungen gegenüber Russland und es bestehen Meldepflichten für verschiedene Güter.

Bei einer Lieferung in die EU bestehen keine länderspezifischen Sanktionsmassnahmen, welche geprüft werden müssen.

 

Teilbereich Güter der Exportkontrolle:

Die Güterprüfung oder auch Klassifizierung der Güter muss durch jeden Exporteur in Eigenverantwortung durchgeführt werden. Es ist zu prüfen, ob die Lieferung Dual-Use-Güter enthält oder eventuell eine spezifische Endverwendung des Kunden zu einer Bewilligungspflicht führt.

 

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05.09.2023 | Seminar Exportkontrolle Lea Derendinger | Zürich
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