Soll die Schweiz ein Freihan­dels­ab­kommen mit Taiwan abschliessen?

Der Handelsexperte Patrick Ziltener votiert nach Vorliegen seiner neuen Studienergebnisse dafür

Compliance, Export
11.02.2022 von Markus Eberhard
Weltkarte, auf der CH und CN sowie JPN hervorgehoben sind und über denen wechselwirkend Pfeile aufeinander gerichtet sind

Soll die Schweiz mit Taiwan, der aus Chinas Sicht abtrünnigen Provinz, ein Freihandelsabkommen abschliessen? Der Handelsexperte Patrick Ziltener sieht aufgrund seiner neusten Studie Potenzial und plädiert für eine wirtschaftliche Annäherung.

Aus Rücksicht auf die Ein-China-Politik des Bundesrats unterhält die Schweiz keine offiziellen Beziehungen zu Taiwan. Dies, obwohl dieser gerne auch als «Tiger» bezeichnete Staat gerade in der Elektronikindustrie ein zentraler Akteur in einer stark globalisierten Wertschöpfungskette ist. Und zu den kaufkräftigsten Gesellschaften Asiens zählt.

So haben Schweizer Exporteure gemäss Aussenhandelsstatistik im vergangenen Jahr Waren im Wert von 2,4 Milliarden Franken an taiwanische Kunden verkauft – so viel wie noch nie. Damit ist Taiwan der sechstwichtigste Absatzmarkt für die Schweizer Industrie in Asien. Besonders profitieren derzeit Schweizer Pharmaunternehmen, deren Erzeugnisse 2021 fast ein Drittel der Ausfuhren nach Taiwan ausmachten, sowie Uhren- und Maschinenhersteller.

Deshalb hat Patrick Ziltener schon vor sechs Jahren eine erste Studie zu einem möglichen Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und Taiwan erstellt. Er ist heute Privatdozent für Soziologie und unterrichtet unter anderem an der Universität Zürich. In den Jahren 2006 bis 2009 hat er sich im Seco mit dem Abschluss des Freihandelsabkommens der Schweiz mit Japan beschäftigt. In den letzten Jahren hat er sich einen Namen in der Analyse von Schweizer Freihandelsabkommen gemacht, wie zuletzt mit dem jüngst in Kraft getretenen Abkommen mit Indonesien. Anfang Jahr nun hat er seine Studie zu einem Abkommen mit Taiwan aufdatiert.

Dabei hat er insbesondere herausgefunden, dass ein grosses Einsparpotenzial bei den Importzöllen vorhanden ist, obwohl die Pharma-Exporte bereits weitgehend zollbefreit sind. Auf den Ausfuhren der Schweizer MEM-Industrie nach Taiwan fallen jährlich jedoch 15 Millionen Dollar an Zöllen / Zollabgaben an, bei der Uhrenindustrie sind es 13 Millionen und bei chemischen Exporten 7 Millionen – das ist signifikant und stellt einen Wettbewerbsnachteil für die schweizerische Exportwirtschaft dar.

Quellenangaben