Umgehungsgeschäfte via Russlands Nachbarstaaten
Auffällig mehr Exporte von Schweizer Firmen in acht Länder
Wer einen Blick in die Aussenhandelsstatistiken wirft, kann erkennen, dass Schweizer Exporte mit Russlands Nachbarstaaten zugenommen haben. In der heutigen Zeit nährt das den Verdacht, dass Embargos / Sanktionen gegen Russland über die Nachbarn umgangen werden.
Gemäss Stefan Legge, Dozent für Wirtschaftswissenschaften an der Universität St. Gallen und Herausgeber des «Swiss Trade Monitors», sei es immer schwierig, Umgehungsgeschäfte zu beweisen, aber es gäbe einige interessante Muster in den Daten. Dabei würden gängige Handelsmodelle die Annahme stützen, dass Russland die Sanktionen über Drittstaaten umgehe: Der ursprünglich beschränkte Handel fliesse via Drittstaaten weiter, wenn dieser nicht über entsprechende Barrieren verhindert wird.
Während die Exporte nach Russland im ersten Halbjahr 2023 um vier Prozent sanken, stiegen parallel dazu die Exporte in zahlreiche ehemalige Sowjetrepubliken teilweise um mehr als das Doppelte. Dabei fielen diese Staaten mit folgenden Schwerpunkten von Exportprodukten anhand der Zolltarifnummern auf:
- Aserbaidschan (Edelmetalle, Uhren)
- Belarus (Uhren, optische Instrumente und Messgeräte)
- Georgien (Uhren)
- Kasachstan (Maschinen, Elektrotechnik, optische Geräte)
- Kirgisistan (Optische Geräte, Uhren)
- Tadschikistan (Gold)
- Usbekistan (Maschinen, elektrotechnische Waren, optische Geräte, Uhren)
Zusätzlich zu diesen Staaten gesellt sich die Türkei, welche die westlichen Sanktionen nur halbherzig angenommen hat und die ein auffälliges Plus bei den Goldimporten aus der Schweiz aufweist. Ähnliche Exportanstiege zu Russlands Nachbarn verzeichnen auch andere Länder, wie z.B. Deutschland.
Der diplomatische Druck, mögliche Umgehungsgeschäfte zu vermeiden, ist in den vergangenen Monaten kräftig gestiegen. Und die Ausfuhr von Dual-Use Gütern muss zwar unabhängig vom Bestimmungsland zusätzlich genehmigt werden, doch können auch da Lücken sein.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO zieht die Konsequenzen und hat seit dem 1. September 2023 eine gesonderte Abteilung für Exportkontrollen und Sanktionen eingeführt. Die bisherigen Ressorts «Sanktionen», «Rüstungskontrolle und Rüstungskontrollpolitik», «Exportkontrollen Industrieprodukte» und «Exportkontrollpolitik Dual-Use» werden zu einem Bereich zusammengefasst. Die Leitung obliegt dem Juristen Simon Plüss, dessen Frau bei der Berner Handelskammer stellvertretende Direktorin und Leiterin der Exportdienste ist.
Wenn Sie mehr über diese ganze Thematik lernen wollen, empfehlen wir Ihnen unsere Veranstaltung Seminar & Schulung Exportkontrolle, die wir mehrmals pro Jahr öffentlich abhalten. Oder nehmen Sie in dringenden oder speziellen Fällen unsere Dienste in der Beratung Exportkontrolle in Anspruch.