Geprelltes BAZG verlangt Zollabgaben und MWST von Warenempfänger
Pech für einen Tessiner Detailhändler, der geschmuggelte Ware von einem Schweizer Lieferanten einkaufte
Der Inhaber eines Tessiner Lebensmittelgeschäft hatte noch nie Probleme mit Behörden, doch im Jahr 2017 hatte sich unerwartet das BAZG (Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit) bei ihm gemeldet. Sein Pech: Einer seiner Wurst- und Käselieferanten hat die Ware über die Grenze geschmuggelt und somit keine Zölle / Zollabgaben und Mehrwertsteuern entrichtet. Da der Lieferant in der Zwischenzeit untergetaucht und offenbar nicht mehr zu belangen war, werden nun seine Abnehmer zur Kasse gebeten.
Der Inhaber eines kleinen Lebensmittelgeschäfts in der Altstadt von Locarno, das es seit mehr als 100 Jahren gibt, ist verbittert: Nebst all dem Ärger mit den Behörden soll Piero Suini eine hohe Geldsumme zahlen, weil sein Wurst- und Käse-Lieferant die Ware schmuggelte und den Fiskus betrog. Die dreiste Masche: Hinter dem Lieferanten stand ein italienischer Staatsbürger, der einen Firmensitz im Tessiner Maggiatal hatte. Er fuhr mit seinem Lieferwagen mit Tessiner Kennzeichen jeweils nach Italien, belud diesen und kam, wenn «die Luft rein war», unbeobachtet und ohne die Waren anzumelden, zurück über die Grenze. Also der klassische Schmuggelfall. In der Folge belieferte er seine Schweizer Kundschaft und stellte umgehend Rechnung. Nach einem Jahr wurde er dann allerdings erwischt.
Die Ermittlungen ergaben in der Folge, dass der Lieferant das BAZG und den Schweizer Staat um fast 300’000 Franken geprellt hatte. Davon waren ca. 260’000 Franken Zoll- und 20’000 Franken Mehrwertsteuerschulden. Daraufhin schwirrten die Beamten zu den Kunden des Schmugglers aus und betraten 2017 dann auch den Laden von Piero Suini in Locarno, wo sie die Rechnungen des festgenommenen Lieferanten sehen wollten. Diese konnte Suini beibringen und auch beweisen, dass er die MWST dem Lieferanten ordnungsgemäss bezahlt hatte.
Doch bei diesem Überraschungsbesuch blieb es nicht: Im 2021 präsentierte das BAZG die Rechnung und forderte, dass er einen Teil der geprellten Zollabgaben und Steuernachzahlungen übernehmen soll. Woraufhin der Ladenbesitzer rekurrierte, was aber nichts brachte, weil das Bundesverwaltungsgericht Mitte Oktober 2022 entschied, dass die Forderung des BAZG rechtens sei.
Was auch nach Artikel 21 des Zollgesetzes («Zuführungspflicht von Waren») richtig ist, denn dort wird explizit nicht nur der Importeur aufgeführt, sondern eben auch der Warenempfänger. Wir machen Teilnehmer des Seminars & Webinars Import jeweils auf diesen Sachverhalt aufmerksam, denn auch der Chauffeur eines Transportdienstleisters kann vergessen, die Zollanmeldung vorzunehmen. Auch für uns ist der Praxisfall bisher doch eher eine Ausnahme. Streng genommen gehört dieses Thema in eine Lieferantenbeurteilung, was sich in der Praxis jedoch eher schwierig gestaltet.