Wurden bewilli­gungs­pflich­tige Basler Exporte für Chemie­waffen in Syrien verwendet?

Compliance, Export
05.07.2021 von Markus Eberhard
Ein von Händen gehaltenes Tablet, auf dem eine Checkliste zu sehen ist

Die Exporte der Firma Brenntag Schweizerhall AG nach Syrien waren schon mehrmals Thema unserer News. So auch heute wieder, weil in den Medien Berichte aufgetaucht sind, dass eine Lieferung von fünf Tonnen Isopropanol und 280 Kilogramm Diethylamin dieser Firma Ende 2014 auch für nicht friedliche Zwecke eingesetzt wurden. Dies zumindest behauptet ein syrischer Ex-General.

Beide Stoffe sind sogenannte Dual-Use-Güter und unterliegen der Exportkontrolle durch das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO. Im vorliegenden Fall können sie sowohl für friedliche Zwecke verwendet werden als auch für die Produktion von Nervenkampfstoffen. Brenntag Schweizerhall AG, die Basler Filiale des deutschen Brenntag-Konzerns, hat diese an das syrische Pharmaunternehmen MPI geliefert, das die Stoffe angeblich für Voltaren-Präparate verwendete, hergestellt unter der Lizenz von Novartis. Demzufolge berichteten beide Firmen auch, dass der Export unter geltendem Schweizer Recht erfolgte. Und Novartis schrieb dem Seco weiter, dass die gelieferten Chemikalien nachweislich von MPI für die Produktion eines Schmerzgels verwendet worden seien. Das glaubte auch der Bundesrat und verkündete vor 3 Jahren, dass der Stoff vollständig im Herstellungsprozess eines Medikamentes verwendet worden sei.

Nun aber sollen neue Spuren zeigen, dass ein grosser Teil der Stoffe verschwand und ein syrischer Ex-General versichert, dass sich die Regierung in Damaskus für die Herstellung von Chemiewaffen exakt bei solchen Lieferungen aus dem Westen bediente. Gemäss Ex-General Zaher al-Saket dienten Privatfirmen wie diese MPI, aber eben auch Chemie- und Pharmaunternehmen, dem Regime als Tarnung. Damit wurden dann Bestandteile für Massenvernichtungswaffen beschafft.

Das Problem bei der Beschaffung aber war, dass der Export von Isopropanol aus der EU nach Syrien bewilligungspflichtig war, in der Schweiz zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht. Über das gute Verhältnis der syrischen Pharmafirma MPI zu Novartis wusste die syrische Regierung anscheinend Bescheid. Die Frage stellt sich nun, ob die Syrer MPI nur benutzt haben, um über die Firma neues Isopropanol zu bestellen? Tatsache ist, dass Brenntag das Exportdossier beim Seco einreichte und auf die Frage, ob Brenntag eine militärische Anwendung der Chemikalien bekannt sei, mit «Nein» beantwortete. Worauf das Seco die Ausfuhrbewilligung erteilte, obwohl sich die Schweiz kostenmässig an der gleichzeitig stattfindenden Vernichtung der syrischen Chemiewaffen beteiligte. Gemäss Bericht hätte der Bund also mit der einen Hand für die Vernichtung des Isopropanols gezahlt und mit der anderen gleichzeitig dessen Ausfuhr nach Syrien genehmigt.

Was an diesen Berichten nun wirklich stimmt, können wir nicht beurteilen. Aber es zeigt deutlich, dass Exporteure sich mit dem Thema Exportkontrolle beschäftigen müssen. Dazu gehört primär auch das Erkennen, ob eine Ware unter das Dual-Use Recht fällt. Dies vermitteln wir regelmässig an unserem Seminar & Webinar Exportkontrolle, dessen Teilnahme wir jeder exportierenden Firma empfehlen.

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