Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen der EFTA und Indien
Nach 16 Jahren Verhandlungen ist ein Meilenstein der schweizerischen Handelspolitik gelungen
Es hat sich zwar im Januar 2024 mit der Nachricht Grundsätzliche Einigung Freihandelsabkommen EFTA – Indien abgezeichnet, doch dass es schon knapp zwei Monate später so weit sein wird, hat dann doch die meisten überrascht: Die Schweiz hat im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation (Mit Island, Liechtenstein und Norwegen) das Freihandelsabkommen mit Indien abgeschlossen.
Guy Parmelin und Minister der übrigen Efta-Mitglieder Norwegen, Island und Liechtenstein haben am Sonntag, 10. März 2024, in Delhi ihre Unterschriften unter den Text des 69 Seiten langen Handelsabkommens gesetzt. Die feierliche Unterzeichnung fand nach 16 Jahren Verhandlungen statt und ist ein bedeutender Meilenstein der schweizerischen Handelspolitik. Der Schweiz und den anderen Efta-Staaten ist es somit gelungen, als erster europäischer Partner ein Freihandelsabkommen (FHA) mit Indien abzuschliessen. Anders als der EU, Grossbritannien und Kanada ist es damit der kleinen Europäischen Freihandelsassoziation (Efta) gelungen, das Zeitfenster bis zu den anstehenden indischen Wahlen zu nutzen.
Aus der am Tag darauffolgenden Pressekonferenz mit Wirtschaftsminister Guy Parmelin möchten wir folgende Punkte, die für unserer Kundschaft interessant sind, hervorheben:
- Die Efta-Staaten seien die ersten europäischen Partner, die ein FHA mit Indien unter Dach und Fach brächten, was uns für einige Jahre einen echten Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern aus anderen Europäischen Ländern bringen sollte.
- Indien erhebt heute auf die meisten importierten Waren sehr hohe Zölle / Zollabgaben (ca. 20 % im Durchschnitt). Das Land wird nun die Zölle auf rund 95 Prozent der aus der Schweiz eingeführten Industrieprodukte, mit Ausnahme von Gold, sofort oder nach Übergangsfristen abschaffen oder teilweise liberalisieren.
- So wird beispielsweise die Schweizer Medtech-Branche profitieren können, da Indien bis heute hohe Importzölle auf Medtech-Produkte erhebt. Mit dem FHA wird Indien die Zollansätze für einen grossen Teil der Medizintechnikprodukte von bisher 11 bis 13,75 Prozent innert maximal zehn Jahren gänzlich aufheben oder innert fünf Jahren auf die Hälfte reduzieren. Das Abkommen deckt 100 Prozent der medizinischen Maschinen (sog. Investitionsgüter) zur Ausrüstung von Spitälern wie Magnetresonanztomographen oder Ultraschallgeräte ab. Unter die Zollreduktion oder Zollabschaffung fallen auch ein Grossteil der Medizinprodukte, die in der Therapie angewendet werden wie zum Beispiel Herzschrittmacher, Transfusions-, Beatmungs- und Hörgeräte sowie Sehhilfen, Spritzen und Kanülen.
- Aber auch für die schweizerischen Uhrenhersteller und Maschinenbauer ist das Abkommen ein Lichtblick am sonst eher düsteren Horizont. Sobald es in Kraft tritt, werden die Uhrenhersteller den Wachstumsmarkt Indien zollfrei und die Maschinenbauer zollfrei oder zu deutlich reduzierten Zollsätzen beliefern können – sofern die Listenregeln des Präferenziellen Warenursprungs eingehalten sind.
- Ferner wird Indien der Schweiz nach einer Übergangszeit von bis zu zehn Jahren den zollfreien Zugang zu seinem Markt für bestimmte Agrarprodukte gewähren.
- Die Zugeständnisse, die die Schweiz Indien bei landwirtschaftlichen Produkten macht, stünden im Einklang mit den bestehenden Freihandelsabkommen, betonte Parmelin. Sie lägen auf der Linie der Schweizer Landwirtschaftspolitik.
- Auch bei den geistigen Eigentumsrechten bringt das Abkommen Verbesserungen, namentlich in Bezug auf die Rechtssicherheit, die Patentverfahren und den Schutz der Bezeichnung «Schweiz» (Swissness).
Wer sich fragt, wieso die Schweizer Pharmabranche, aber auch die indische Regierung, plötzlich ihre über Jahre bestandenen Differenzen lösen konnten, dem sei dieser Artikel auf Swissinfo empfohlen: Ändert Indien seine Haltung zu Pharmapatenten?
Wie geht es weiter?
Das Verfahren zur Genehmigung durch das Schweizer Parlament wird nun eingeleitet, damit Bern das Abkommen spätestens 2025 ratifizieren kann. Ebenfalls müssen die anderen Efta-Staaten sowie Indien das Abkommen ratifizieren, damit es im Anschluss bald in Kraft gesetzt werden kann.