Bundesrat kurz vor Ziel: Auch der Nationalrat stimmt für Abschaf­fung der Industriezölle

Nach einer Kehrtwende stimmt auch der Nationalrat mit hauchdünner Mehrheit zu

Allgemein
20.09.2021 von Markus Eberhard
Lkw, der in die Schweiz reinfährt am Zoll

In einem der meistzitierten Newsthemen in den letzten vier Jahren scheint nun eine Entscheidung getroffen worden zu sein: Nach einer Kehrtwende hat auch der Nationalrat am Mittwoch die umstrittene Abschaffung vieler Schweizer Zölle / Zollabgaben auf Importen unterstützt. Ein Antrag zur Etappierung scheiterte nur an einer Stimme Differenz. Damit ist der Rat der nationalrätlichen Kommission gefolgt, über die wir zuletzt im Mai berichtet hatten: Nationalrätliche Kommission nun doch für Abschaf­fung von Zöllen auf Industriegüter (“Industriezölle”).

Damit ist der Bundesrat nach langem Hin und Her kurz vor dem Ziel angelangt, alle Importzölle auf Gütern ausserhalb des Agrar- und Fischereisektors (im Jargon: «Industriezölle») abzuschaffen. Im Jahr 2018 nahm der Bund aus diesen Industriezöllen mehr als eine halbe Milliarde Franken ein, wobei über die Hälfte davon auf den Sektor Textilien/Bekleidungen/Schuhe entfiel. Die Industriezölle machen im Mittel «nur» 1,8 % des Produktionswerts aus, bei einzelnen Gütern kann es aber auch 10 % bis über 50 % sein.

Die voraussichtliche Abschaffung dieser Zölle wird laut Bundesrat nicht nur Preissenkungen für hiesige Konsumenten und Firmen bedeuten, sondern auch administrative Kosten der Unternehmen von ca. 100 Mio. Fr. pro Jahr einsparen. Eine vom Bund in Auftrag gegebene externe Studie kommt auf einen volkswirtschaftlichen Nutzen durch die Vorlage auf etwa 860 Mio. Fr. pro Jahr. Doch auch das ist gemessen an der gesamten Schweizer Wirtschaftsleistung von über 700 Mrd. Fr. nicht überwältigend. Dies deshalb, weil die meisten Industriezölle schon jetzt tief sind oder gar keine mehr erhoben werden wegen den vielen Freihandelsabkommen, die die Schweiz abgeschlossen hat.

Damit hat der Bundesrat sein Anliegen durchgebracht und jetzt könnte nur noch ein Referendum das Vorhaben stoppen. Möglich ist es, weil linke Kreise gegen dieses Geschäft waren und die Zollbefreiung auf Güter mit geringen CO2-Emissionen und auf Produkte mit insgesamt hohen ökologischen Standards beschränken wollten.