Studie wo Freihan­dels­ab­kommen den Schweizer Firmen etwas bringen und wo weniger

Compliance
18.08.2020 von Markus Eberhard
Landkarte, auf der die Schweiz und China sowie Japan hervorgehoben sind und über denen wechselwirkend Pfeile aufeinander gerichtet sind

Die Schweiz unterhält ein dichtes Netz von Freihandelsabkommen (FHA), die unter anderem den Zugang zu ausländischen Märkten vereinfachen und Zölle / Zollabgaben reduzieren oder ganz eliminieren. Zurzeit sind es 30 FHA mit über 40 Ländern bzw. Ländergruppen. Die bilateral oder im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) geschlossenen FHA gewinnen an Bedeutung. Ein wichtiger Grund ist die Krise der Welthandelsorganisation (WTO), wie wir im April im Artikel Der Welthandelsorganisation WTO ist an ihrem 25. Jahrestag nicht zum Feiern zumute, beschrieben haben.

Trotz der Wichtigkeit von FHA waren die Informationen über die Nutzung der Abkommen bisher nur lückenhaft vorhanden. Auf Empfehlung der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats hat daher das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eine Datenanalyse in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse nun vorliegen. Für jedes Partnerland, mit dem die Schweiz ein Abkommen unterhält, sind in der Analyse nicht nur die genauen Zollein­sparungen ersichtlich. Ausgewiesen wird auch, in welchem Masse die theoretisch möglichen Einsparungen tatsächlich realisiert werden. Dieses Wissen ist nicht zuletzt auch für Nach- oder Neuverhandlungen von FHA bedeutsam. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse? Grundsätzlich gilt, dass die Schweiz dank FHA viel Geld spart. Für Schweizer Importeure und Konsumenten summieren sich die Einsparungen fürs Jahr 2018 auf rund 2,5 Mrd. Fr., bei untersuchten Importen von 175 Mrd. Fr. Das entspricht einer Nutzungsrate von 73 %, was so viel besagt, wie dass bei knapp drei Vierteln der Importe, bei denen Firmen dank FHA von einem Präferenzzoll profitieren können, dieser auch angewendet wird.

Bei den Exporten liegt die Nutzungsrate etwas höher, bei 80 %, was Zolleinsparungen von 1,8 Mrd. Fr. entspricht, bei analysierten Exporten von 214 Mrd. Fr. Die Frage stellt sich somit, weshalb sowohl im Import als auch im Export nicht das volle Potenzial ausgenutzt wird in der Anwendung des möglichen Präferenzzolls? Oder konkret gefragt: Warum zahlen einige Firmen weiterhin reguläre Zölle, wenn sie aufgrund eines FHA von tieferen Sätzen profitieren könnten? Auf diese interessante Frage liefert die Analyse zwar keine Antworten. Bekannt ist, dass Vorzugszölle nur gewährt bzw. angewendet werden, wenn die Ursprungsregeln des Abkommens erfüllt werden.  Ein solcher Nachweis kann indes schwierig sein, wie wir auch immer wieder in der Praxis feststellen. Es stellt sich dann die Frage, ob es sich für ein Schweizer Unter­nehmen wegen ein paar Prozentpunkten an möglichen Einsparungen lohnt, den Aufwand zu betreiben. Ein FHA nützt also wenig, wenn die Kosten für den Ursprungsnachweis in Form eines Präferenznachweises höher ausfallen als die Zolleinsparung, was leider in der Praxis oftmals der Fall ist.

In der Tat ist die Handhabung der unterschiedlichen Freihandelsabkommen und deren Regeln sehr anspruchsvoll. In unserem Seminar & Webinar Präferen­zi­el­ler Warenursprung lernen Sie das Handwerk dazu von A bis Z kennen, mit Praxisbeispielen aus unserer langjährigen Berater- und Softwarepraxis. Für individuelle oder dringende Fragen steht Ihnen unsere Zollberatung jederzeit zur Verfügung.

Quellenangaben