Nichtzoll­recht­liche Erlasse (NZE)

Exportabwicklung 13.01.2022 von Lea Derendinger
Lesezeit 6 min Kommentare 2

Nichtzollrechtliche Erlasse (NZE) sind Anordnungen, die dem BAZG (Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit) von anderen Schweizer Bundesämtern zu Vollzugs- und Kontrollfunktionen übertragen wurden. Mit dem neuen Zollrecht, das voraussichtlich im 2025 in Kraft gesetzt wird, werden sie dann «nichtabgabenrechtliche Erlasse» (NAE) genannt.

In diesem Zollfachbeitrag gehen wir näher auf diese Erlasse ein und zeigen Ihnen anhand von Beispielen, was Sie beim Export und Import von Waren in diesem Zusammenhang beachten müssen. Insbesondere für den Fall, wenn Sie selbst Ausfuhrzollanmeldungen erstellen.

Ebenfalls gehen wir auf die möglichen Veränderungen bei den NZE ein infolge des Transformationsprojekts DaziT und der angestrebten neuen Aufgabenverteilung.

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Der Exporteur / Importeur ist selbst für die Einhaltung der relevanten Gesetzgebungen verantwortlich.

1. Was sind Nichtzoll­recht­liche Erlasse (NZE)?

Die «Nichtzollrechtlichen Erlasse» («NZE») sind Anordnungen an die Zollbehörde zum Vollzug von Gesetzen, die nicht im Zollrecht geregelt sind. Das BAZG (Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit) übernimmt also eine Vielzahl und Vollzugs- und Kontrollfunktionen beim Import und Export von Waren für andere Schweizer Bundesämter. Das sind also Funktionen ausserhalb ihres Kerngebiets.

Beim Export von Waren haben Exporteure nicht nur das Zollrecht zu beachten, sondern auch weitere Gesetze. Eventuell weitere zu beachtende Gesetze sind in der Schweiz bei den Zolltarifnummern hinterlegt und können im Tares abgerufen werden. Wenn Güter dort einen NZE aufweisen, bedeutet es, dass sie an der Grenze einer speziellen Kontrolle unterzogen werden können.

Zu den vom BAZG kontrollierten NZE gehören folgende Rechtsgrundlagen (Liste nicht abschliessend):

  • Abfallrecht
  • Kulturgütertransfer
  • Heilmittelgesetz / Betäubungsmittel
  • Artenschutz (CITES Flora und CITES Fauna)
  • Pflanzenschutz
  • PIC (Prior Informed Consent): gefährliche Chemikalien und Pestizide
  • Radioaktive Stoffe (Strahlenschutz)
  • Veterinärrecht
  • Waffenrecht


Im Rahmen des umfassenden Transformationsprojekts DaziT werden sämtliche aktuell 102 dem BAZG übertragenen Aufgaben im Rahmen der Nichtzollrechtlichen Erlasse überprüft. Das BAZG strebt eine Vereinfachung und Neuaufteilung dieser Aufgaben vor. Unter Punkt 4 gehen wir darauf näher ein: Mögliche Änderungen bei den NZE-Vollzugserlassen.

2. Was ist in techni­scher Hinsicht beim Anmelden von NZE-pflich­tigen Waren zu beachten?

Beginnen wir mit einem Gedankenbeispiel: Eine Firma stellt Flüssigkeitspumpen der Schweizer Zolltarifnummer 8413.8130 her oder verschickt diese als Ersatzteile an ihre Kunden.

Das Unternehmen setzt eine e-dec Software ein und möchte die Pumpen zum Export verzollen.

Dazu gibt der Sachbearbeiter die Tarifnummer 8413.8130 ein, wählt den Code 0 für die Frage nach nichtzollrechtlichen Erlassen und tippt die Stückzahl ein. So weit, so gut. Er übermittelt die Ausfuhrzollanmeldung und erhält folgenden Plausibilitätsfehler zurück:

  • E013a: NZE-Pflichtcode 0 ist nicht zulässig


Grund dafür ist, dass der Schweizer Zolltarif «Tares» für diese Zolltarifnummer weitere, eventuell infrage kommende NZE vorsieht. Wenn Sie die Tarifnummer 8413.8130 im Tares aufrufen, so präsentiert sich die Übersicht zu dieser Nummer wie folgt:

In diesem Fall muss der Exporteur zuerst abklären, ob es sich bei der Sendung Flüssigkeitspumpen um Pumpen handelt, die defekt sind und zur Entsorgung an ein dafür spezialisiertes Unternehmen ins Ausland verschickt werden. Falls die Güter unter das «Abfallrecht» fallen, muss der Code 1 NZE ja (mit Kontrolle) deklariert werden.

NZE-Pflichtcode Bedeutung Anwendbar für
Code 0 nein Ohne Kontrolle Nur für Zolltarifnummern, bei denen keine Hinweise zu NZE  vorhanden sind
Code 1 ja Mit Kontrolle Zolltarifnummern, bei denen ein Hinweis zu NZE besteht und die Güter den Nichtzollrechtlichen Erlassen unterliegen und somit kontrolliert werden
Code 2 nein Ohne Kontrolle gemäss Deklarant Zolltarifnummern, bei denen zwar ein Hinweis zu NZE besteht, aber gemäss den rechtlichen Grundlagen keine NZE-Kontrolle erfolgen muss

In unserem Beispiel tauchte der Plausibilitätsfehler also deswegen auf, weil im Tares bei der Detailanzeige der Zolltarifnummer 8413.8130 ein Hinweis auf einen nichtzollrechtlichen Erlass besteht. Wenn die Pumpen wirklich zur Entsorgung geschickt werden und dem Abfallrecht unterliegen, dann müsste der NZE-Code 1 angemeldet werden und wenn nicht, der NZE-Code 2.

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Hinweis

Achtung, nicht alle Zolltarifnummern, welche von nichtzollrechtlichen Erlassen betroffen sein können, sind im Tares entsprechend markiert!

Beispiel: Essbesteck aus Kunststoff mit Elfenbeinverzierung. Die Tarifnummer 3924.1000 hat keinen Hinweis und trotzdem ist das Produkt vom Artenschutz betroffen. Die NZE müssen also auch ohne entsprechende Vermerke erkannt werden und eine korrekte Anmeldung ist erforderlich.

Weitere Schritte sind zu beachten, je nach NZE, wie in diesem Fall die Erstellung des entsprechenden Formulars, welches dem Transporteur übergeben werden muss.

3. Was ist der NZE-Artencode?

Sofern die Güter mit Code 1 NZE ja deklariert werden, ist oftmals zur Präzisierung ein NZE-Artencode zu erfassen.

Hier finden Sie die Aufstellung der NZE-Artencodes im e-dec Export und Import:

026 Kulturgut
030 PIC
044 Radioaktive Stoffe
066 Abfälle (gelbes Kontrollverfahren)
067 Abfälle (grünes Kontrollverfahren)
068 Elektronik-Schrott
069 Altholz
100 Fleisch / Fleischwaren (Veterinärrecht)
110 Alkohol
190 Veterinärrecht
200 CITES Fauna
201 CITES Flora
202 Meeresfischerei IUU
210 Edelmetallkontrolle
220 Salzregal
270 Pflanzenschutz

4. Änderungen bei den NZE-Vollzugs­er­lassen / neuer Name (NAE)

Wie in der Einleitung beschrieben, ist bisher das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) im Auftrag der federführenden Bundesbehörden beim Vollzug nichtzollrechtlicher Erlasse des Bundes federführend. Aktuell vollzieht das BAZG 102 NZE, die eigentlich ausserhalb ihres Kerngebiets sind. Im Rahmen des Projekts DaziT möchte der Bundesrat deshalb sowohl eine Änderung der NZE bewirken als auch das BAZG von dieser Aufgabe entbinden. Dazu hat der Bundesrat nach dem eingereichten Postulat 17.3361 einen Bericht in Auftrag gegeben, der diese ganzen NZE überprüft und analysiert.

Im September 2019 wurde der Bericht veröffentlicht, worüber wir hier berichtet haben: Überprüfung der NZE-Aufgaben durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG). Damit wurde klar, dass Änderungen in diesem Bereich in die Totalrevision des Zollgesetzes (ZG) einfliessen müssen. Dieser Aufgabe hat sich die Verwaltung angenommen und im Rahmen der Zollgesetzrevision umfassende Gesetzesänderungen im 1. Entwurf präsentiert. Die bisherigen nichtzollrechtlichen Erlasse (NZE) sollen neu nichtabgabenrechtliche Erlasse (NAE) heissen. Folgende Ziele sollen erreicht werden:

  • Vereinfachung des materiellen Zollrechts und teilweise Angleichung des materiellen Rechts für den Zoll und die nichtzollrechtlichen Abgaben (Inlandsabgaben);
  • Vereinheitlichung und Vereinfachung aller vom BAZG geführten Abgabeverfahren samt Rechtsmittelverfahren;
  • Digitalisierung dieser Verfahren;
  • automatisierte Prüfung der Einhaltung der nichtabgaberechtlichen Erlasse
  • Schaffung eines standardisierten Katalogs für die Massnahmen und Leistungen des BAZG mit Auswahl der Massnahmen und Leistungen im jeweiligen Erlass sowie die risikobasierte Gewichtung des BAZG bei der Erfüllung dieser Vollzugsaufgaben;


Die Revision des Zollgesetzes gestaltet sich aber auch steinig und erst im Oktober 2022 kam diese ein erstes Mal ins Parlament: Neues Zollgesetz kommt in parlamentarische Beratung. Seither ist es ein Hin und Her und das neue Zollgesetz hat im Sommer 2023 nur knappe die nächste Hürde genommen: Nationalrat entscheidet sich gegen Rückweisung Zollgesetz. Es dürfte also noch etwas dauern, bis diese angedachten Vereinfachungen realisiert werden können.

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2 Kommentare zu «Nichtzollrechtliche Erlasse (NZE)»

Christoph Ongyerth3. Mai 2022

Wir sind eine Firmengruppe mit Firmen in CH und in DE. Unsere Ausfuhren laufen bereits per Knopfdruck, auch mit Warnungen für nötige Codierungen (Dual use, CITES, PIC, etc.)

Unsere Frage zu NZE ist folgende:
Die Grundlage für NZEs ist (z.B: PIC/CITES) i.d.R. international. Sind dann auch immer dieselben Zolltarifnummern betroffen? Wenn wir z.B. eine PIC-relevante Ware nach CH ausführen und auch im ABD als PIC-relevant codieren, ist die Ware dann garantiert auch in CH PIC-relevant für die NZE? Oder kann dasselbe Produkt auf einer Seite der Grenze PIC-relevant (oder CITES-relevant, Abfall-relevant etc.) sein und auf der anderen Seite nicht?

Lea Derendinger

3. Mai 2022

Sehr geehrter Herr Ongyerth

Vielen Dank für Ihre Anfrage via unsere Kommentarfunktion.

Sie sehen das richtig, dass z.B. der Handel von PIC-relevanten Waren auf dem internationalen Übereinkommen «Rotterdamer Übereinkommen» vom 10. September 1998 basierend sind. Jedoch gibt es bei vielen NZE der Schweiz noch zusätzliche nationale Vollzugsvorschriften, wie z.B. bei PIC: Chemikalien-PIC-Verordnung (SR 814.82). Ob diese nun abweichend sind zu den nationalen Vollzugsvorschriften der EU können wir Ihnen nicht generell beantworten. Für die Einfuhr in die Schweiz sind jeweils die nationalen Vollzugsvorschriften zu beachten.

Zum Beispiel gibt es in der Schweiz ein Salzregal, welches eine nationale Regelung darstellt. Bei der Einfuhr von bewilligungspflichtigen Salzen und Salzgemischen muss der NZE-Pflichtcode 1 verwendet werden und der NZE-Artencode lautet 220.

Wir empfehlen Ihnen die Güter bei der Einfuhr in die Schweiz auf die NZE zu prüfen und auch die nationalen Vorschriften zu beachten.

Hoffentlich konnten wir Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen.

Vielen Dank und freundliche Grüsse

Lea Derendinger