RMA-Prozess: Wie Sie Zollpro­bleme vermeiden

Allgemein, Export, Import 23.11.2018 von Lea Derendinger
Lesezeit 6 min Kommentare 4

Mit dem Brief des BAZG (Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit) hat einer unserer Kunden aus dem Maschinenbau-Sektor nicht gerechnet. Das Schreiben kündigte eine Ursprungsüberprüfung für eine Spezialmaschine an, die erst vor Kurzem nach Deutschland als Retoure exportiert worden war. Erst beim Organisieren der Importzollquittungen merkte man in der Maschinenbaufirma, dass der Präferenznachweis gar nicht möglich war. Denn der Endkunde hatte die Maschine als Garantiefall retourniert. Bei der Importabwicklung der defekten Maschine in die Schweiz hatte man den präferenziellen Warenursprung nicht auf den Zollpapieren vermerkt. So wurde die Präferenzkette unterbrochen. Der Maschinenbauer konnte deshalb dem BAZG den präferenziellen Ursprung nicht belegen. Und das, obwohl die Maschine aus dem eigenen Betrieb stammte.

1. Fast unmögli­cher Nachweis

Der geschilderte Fall kommt im Alltag häufig vor. In zahlreichen Fällen geht die Präferenzeigenschaft eines Produktes durch einen falschen Retourenprozess verloren. Denn wenn ein Produkt gemäss Veranlagungsverfügung Import keine Präferenz besitzt, kann dieser Status kaum noch erlangt werden. Selbst bei aufwendigen Reparaturdienstleistungen reicht die Schweizer Wertschöpfung selten aus, um bei einem «Drittlandprodukt» im Sinne der Freihandelsabkommen, die Präferenzeigenschaft zurückzugewinnen.

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In vielen Firmen werden den Aussenhandelsdaten in den Veranlagungsverfügungen Import zu wenig Beachtung geschenkt. Dies betrifft insbesondere die Verwendung der korrekten Zolltarifnummern als auch die Deklaration der Präferenzeigenschaft, die oftmals gar nicht überprüft werden. Falsche Zollquittungen können Ihre Unternehmung früher oder später einholen. Kontrollieren Sie deshalb die entsprechenden Unterlagen und auch die Veranlagungsverfügung Import rechtzeitig und mit scharfem Blick.

2. Fokus auf Retouren

Genau deshalb ist es für Schweizer Unternehmen zentral, ihr Retourenmanagement richtig zu strukturieren. Wenn gar keine oder keine genug klaren Vorgaben existieren, kann es gut sein, dass die ausländischen Kunden Schweizer Firmen mit «wilden» Rücksendungen konfrontieren: Plötzlich steht eine Sendung im Wareneingang und niemand kann die Lieferung einer Bestellung zuordnen. Zuerst müssen betroffene Unternehmen mühselig herausfinden, aus welcher Bestellung der Kunde die Güter retourniert hat und aus welchem Grund. Oftmals stellt sich erst zu spät heraus, dass ein Kunde die Zollpapiere nicht korrekt erstellt und dadurch eine falsche Importverzollung hervorgerufen hat. Die zeitfressenden Abklärungen können durch ein strukturiertes Retourenmanagement grösstenteils vermieden werden, wobei folgende Überlegungen dabei einfliessen sollten:

  • Mit welchen Papieren soll der Kunde die Rücksendung durchführen?
  • Wer übernimmt die Transportkosten und Verzollungsgebühren?
  • Haben Sie die Waren ursprünglich mit präferenziellem Ursprung verkauft? Die Präferenzkette darf nicht unterbrochen werden.
  • Aus welcher Bestellung kommt die Retoure?
  • Hat der Kunde Anrecht auf eine Garantiereparatur oder ein Ersatzgerät?

In der Praxis verwenden viele Unternehmen für die saubere Retouren-Abwicklung meistens ein Formular im Rahmen des RMA – Prozesses. Eine RMA-Nummer (Return Merchandise Authorization, sinngemäss «Erlaubnis zum Retournieren») ist eine interne, eindeutige Identifikationsnummer. Sie wird erst herausgegeben, nachdem die obigen Punkte abgeklärt wurden und dient als Freigabe für den Kunden, die Sendung zurückzuschicken. Für die einfache Handhabung und als Dienstleistung am Kunden werden die RMA-Formulare meistens online bereitgestellt, was auch wir empfehlen. Wichtig ist jedoch eine Bedingung: Anlieferungen von Retouren sollten nur akzeptiert werden, wenn sie eine von Ihnen vergebene RMA-Nummer tragen.

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Probleme beim Reexport können Sie faktisch nicht mehr beheben. Setzen Sie deshalb früh genug an, um unterbrochene Präferenzketten zu vermeiden. Ein gut strukturierter Retourenprozess nimmt Ihre Kunden in die Pflicht und verlangt beispielsweise das Mitliefern aller nötigen Aussenhandelsdaten und Nachweise für das Einsenden einer Retoure.

3. Genau hinschauen lohnt sich

Wie müssen Ihre Prozesse strukturiert sein, damit Sie eine RMA-Nummer vergeben können? In der Praxis zeigen sich verschiedene wichtige Punkte:

  • Rechnung einfordern: Verlangen Sie bei Retouren unbedingt eine Proforma-Rechnung oder Zoll- / Versandrechnung mit allen wichtigen Daten.

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Sie stellen Ihren Kunden eine Vorlage dieser Zollrechnung zur Verfügung und prüfen die Aussenhandelsdaten, welche dort vermerkt werden, bevor Zolldeklaranten auf der Grundlage dieser Rechnung eine falsche Einfuhrverzollung vornehmen.

  • Korrekter Warenwert: Achten Sie darauf, dass der Warenwert korrekt deklariert ist. Eine defekte Maschine ist nicht einfach wertlos und darf deshalb keinesfalls mit 5 Euro «pro forma» verzollt werden.

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Oftmals bereitet Ihren Kunden die Wertermittlung Schwierigkeiten und sind froh, wenn Sie als Hersteller den aktuellen Wert für die Rücksendung der Produkte mitteilen.

  • Präferenzstatus beachten: Wenn das Produkt mit Präferenzstatus an den Kunden exportiert wurde, sollte auch die Retoure mit Präferenzstatus importiert werden.

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Teilen Sie Ihren Kunden mit, welcher Präferenznachweis für die Lieferung erstellt werden muss. Somit können Sie sicherstellen, dass Sie für die Retoure keine Zollabgaben bezahlen und auch Ihrem Kunden das Gerät nach erfolgter Reparatur wieder zollfrei liefern können.

Sie können die RMA-Nummer nach diesen Vorbereitungen erteilen und auch auf den Lieferpapieren vermerken. In diesem Fall ist bereits bei Ankunft der Sendung klar, dass es sich um eine von Ihnen autorisierte Rücksendung handelt. Den Satz «Da steht etwas im Wareneingang, woher kommt diese Sendung?» müssen Sie dann hoffentlich nicht mehr hören. Dazu gehört allerdings eine gewisse Härte beim Umgang mit Retouren: Die Annahme von Sendungen, die keine RMA-Nummer aufweisen, muss konsequent verweigert werden. Diese vermeintliche «Umerziehung» dient letztlich dem Wohl der Kunden, denn bei nichtpräferenziellem Reexport müssen sie ansonsten unnötige Zölle entrichten.

4. Rechtlich sicher sein durch sinnvolles Retourenmanagement

Eine falsche Retoure kann rechtliche Folgen haben. So etwa beim Unterverzollen defekter Geräte: Gibt der Kunde deren effektiver Wert nicht an, handelt es sich um eine Unterfakturierung, was nicht den Zollrichtlinien entspricht. Sofern bewilligungspflichtige Güter willkürlich retourniert werden und der Importeur dafür keine Bewilligung beantragen konnte, da er vom Kunden nicht informiert wurde, kann es im schlimmsten Fall sogar zu einem Strafverfahren führen.

Leider konnte der Maschinenhersteller, bei welchem die Ursprungsüberprüfung stattgefunden hat, die Präferenzeigenschaft des Gerätes für den Reexport nicht nachweisen und der Kunde musste nachträgliche Zollabgaben bezahlen, welche er postwendend beim Hersteller zurückforderte. Das Unternehmen erkannte die Lücken im Retourenprozess und setzte die nötigen Massnahmen im Betrieb um. Mit einem sinnvollen Retourenmanagement können Sie zeitintensive Abklärungen, unnötige Zollbelastungen und rechtliche Risiken minimieren.

Falls Sie noch weitere Fragen haben zum Thema der grenzüberschreitenden Retouren oder weiteren Spezialverkehren, empfehlen wir Ihnen unser Seminar & Webinar Repa­ra­tu­ren, Retou­ren & Ver­ede­lun­gen.

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4 Beiträge zu «RMA-Prozess: Wie Sie Zollprobleme vermeiden»

Anna Maria Zapolnik4. September 2023

Guten Tag Frau Derendinger

Bezüglich Ihres Artikels sind wir oft mit folgendem Fall konfrontiert, für den wir gerne den passenden Ablauf kennen würden.
Dazu möchte ich ein Beispiel anführen.
Wir verkaufen unser Produkt mit Präferenzursprung an den Kunden A in Österreich. Das Produkt kann anhand seiner Seriennummer identifiziert werden, die sich immer auf unseren Verkaufsrechnungen befindet.
Der Kunde A verbaut unser Produkt in eine Maschine und verkauft diese an den Kunden B in Portugal weiter.
Nach einiger Zeit erhält unser Vertreter in Spanien (Firma C) eine Reklamation von Kunden B. Firma C schickt unser Produkt zur Reparatur mit einer Proforma-Rechnung an uns zurück. Anhand der Seriennummer können wir nachweisen, dass das Produkt von uns an Unternehmen A mit Präferenzursprung verkauft wurde. Kann Firma C in einem solchen Fall die Waren mit Präferenzursprung an uns zurückschicken, obwohl es keinen Nachweis hat, dass es sie bei uns gekauft hat? Wie soll diese Ware an uns zurückgesandt werden, damit sie ihren Präferenzursprung nicht verliert?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.

Lea Derendinger

5. September 2023

Guten Tag Frau Zapolnik

Besten Dank für Ihre Anfrage via unsere Website.

Ihr Geschäftsfall stellt sich als sehr komplex dar und deshalb ist es nicht möglich diese Anfrage im Sinne eines kurzen Kommentars auf unserer Website zu beantworten. Gerne können wir Ihren Fall in einem kostenpflichtigen Beratungsgespräch aufzeigen und erklären.

Besten Dank für Ihr Verständnis und freundliche Grüsse

Lea Derendinger

A. Halimi29. März 2022

Guten Tag
Behält man die Präferenz der Ware, wenn Sie unverändert und per Retoure in die Schweiz importiert wird?
Können wir diese Waren dann erneut wieder mit dem ursprünglichem Ursprung weiter versenden?

Lea Derendinger

4. April 2022

Guten Tag Frau Halimi

Vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich gerne beantworte.

Die Ware behält nur die Präferenz, sofern Ihr Kunde, welcher die Ware zurücksendet, einen Präferenznachweis erstellt. Sofern die Ware in die Schweiz importiert wurde und der Präferenznachweis wurde beim Import nicht vorgelegt (da nicht vorhanden), hat die Ware keine Präferenzeigenschaft. Dies auch wenn Sie genau wissen, dass Sie das Produkt ursprünglich mit Präferenz an Ihren Kunden geschickt haben. Die Präferenzkette bei der Rücklieferung darf nicht unterbrochen werden und somit ist es wichtig, dass Sie Ihre Kunden instruieren, dass bei Retouren immer ein Präferenznachweis mitgeliefert werden muss.

Nach einer erfolgten Reparatur bei Ihnen im Betrieb muss die Ware neu kalkuliert werden und Sie müssen erneut prüfen, ob die Listenregel des jeweiligen Abkommens erfüllt wurde.

Wir hoffen, dass wir Ihnen weiterhelfen konnten und stehen bei Fragen gerne zur Verfügung.

Vielen Dank und freundliche Grüsse

Lea Derendinger