Export­kon­trolle im Unternehmen korrekt umgesetzt

Compliance 21.03.2019 von Lea Derendinger
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Die Androhung von Sanktionen der USA gegenüber Firmen, welche Geschäfte mit dem Iran abwickeln, haben im letzten Jahr bei vielen Schweizer Unternehmen das Thema Exportkontrolle wieder ins Bewusstsein gerufen. Jedoch verfügen einige Firmen nach wie vor nicht über ein internes Kontrollsystem (Internal Compliance Program = ICP). Und das, obwohl die schweizerischen Gesetzesgrundlagen wie das Güterkontrollgesetz und die Güterkontrollverordnung ein solches Kontrollsystem als Grundlage einer funktionierenden Exportkontrolle fordern.

Ein korrekt umgesetztes Kontrollsystem kann sich bei Verstössen zudem strafmildernd auswirken. Ausserdem entscheidet sich die Geschäftsleitung mit einem ICP klar und sichtbar dafür, die Einhaltung der Exportkontrollvorschriften in der Firma sicherzustellen.

1. Die Export­kon­trolle im Unternehmen ist Chefsache

Die erste Frage im ICP-Fragebogen lautet: «Besteht eine Deklaration der Geschäftsleitung, welche die Einhaltung der Vorschriften im Exportkontrollbereich als ein Element der Firmenpolitik zum Ausdruck bringt?»

Die Exportkontrolle ist Chefsache! Ein Exportsachbearbeiter bestätigt tagtäglich bei der Erstellung der Ausfuhrzollanmeldungen im e-dec Export, dass für diese Güter keine Ausfuhrbewilligungen erforderlich sind. Er macht dies mit der entsprechenden Eingabe beim Bewilligungspflichtcode und deklariert «bewilligungsfrei gemäss Deklarant». In unseren Beratungsprojekten stellen wir immer wieder fest, dass der Sachbearbeiter diese Angabe einfach deklariert, weil es ihm entsprechend mitgeteilt wurde.

Die Exportkontrolle ist aber nicht nur in der Exportabteilung zu beachten, sondern zieht sich vom Einkauf über die Produktion bis hin zum Verkauf. Damit der Exportsachbearbeiter im letzten Schritt noch bestätigen darf, dass die Ausfuhr der Güter bewilligungsfrei ist, benötigt es das Zusammenspiel aller beteiligten Abteilungen innerhalb eines Betriebes.

2. Klare Defini­tion der für Export­kon­trolle verant­wort­li­chen Personen

Um ein ICP effektiv und abteilungsübergreifend umzusetzen, benötigt es eine klare und schriftliche Zuteilung der Verantwortlichkeiten. Ein Unternehmen meldet im ICP-Fragebogen gegenüber dem SECO zwei Personen: Dies ist einmal der Exportkontrollverantwortliche und zum zweiten die Person, die für administrative Fragen des SECO zuständig ist.

Als Exportkontrollverantwortlicher sollte ein Unternehmen jemanden aus der Geschäftsleitung benennen, da dieser persönlich die Verantwortung für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften trägt. Ein Exportkontrollverantwortlicher ist zuständig für eine korrekte interne Organisation und hilft mit bei der Personalauswahl der Mitarbeiter, welche Berührungspunkte mit den Exportkontrollvorschriften haben. Zudem obliegt dieser Person die Weiterbildungspflicht sowie die Überwachungspflicht der Exportkontrollmitarbeiter.

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finesolutions-Tipp

Viele Betriebe übertragen die Exportkontrolle auf die Exportabteilung. Oder sie benennen sogar den Exportsachbearbeiter als Exportkontrollverantwortlichen. Einem Exportsachbearbeiter sind aber oftmals die Hände gebunden. Er kann keine abteilungsübergreifende Kontrolle sicherstellen, da er nicht über die entsprechenden Weisungsbefugnisse verfügt.

Ein Exportkontrollverantwortlicher muss die Exportkontrollvorschriften vom Einkauf bis zum Verkauf der Güter sicherstellen und diese Organisation kann nur die Geschäftsleitung steuern. Zudem steht ein Exportsachbearbeiter in einem internen Interessenkonflikt, weil der Verkäufer dem Exportsachbearbeiter mitteilt, dass beispielsweise die Lieferung dringend abgewickelt werden muss, da der Kunde die Waren benötigt.

Das Exportkontrollpersonal muss jederzeit die Lieferung stoppen können, um die entsprechenden Prüfschritte vor dem Export der Güter durchzuführen.

3. Vorsicht im Einkauf

Oft fragen mich Interessierte, was denn der Einkauf mit der Exportkontrolle zu tun hat. Gerne erläutere ich anhand eines Praxisbeispiels, wieso eine Firma die Beschaffung der Güter mit besonderer Vorsicht durchführen soll. Gewisse Minimalinformationen für die eingekauften Artikel sollte das Unternehmen bereits zum Zeitpunkt der Beschaffung proaktiv vom Lieferanten einfordern.

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finesolutions-Praxisbeispiel

Der Einkäufer beschafft ein Ersatzteil für eine Maschine, welches im Versandland des Lieferanten schon ausfuhrbewilligungspflichtig ist. Da die Ausfuhrzollanmeldung im Versandland durch den Lieferanten durchgeführt wird, erfährt der Einkäufer oft nicht, dass dieses Produkt einer Bewilligungspflicht für Dual-Use-Güter unterliegt.

In vielen Betrieben werden die Lieferantenrechnungen direkt in die Buchhaltung weitergegeben und der Einkäufer kann einen eventuellen Hinweis zur Bewilligungspflicht auf der Rechnung nicht sehen. Das Ersatzteil wird also an Lager gelegt und bei der nächsten Bestellung eines Kunden wieder unverändert als Maschinenersatzteil exportiert.
Der Exportsachbearbeiter deklariert beim Export «bewilligungsfrei gemäss Deklarant», weil ihm dies so mitgeteilt wurde. Er hat diesen Artikel somit nicht bewusst geprüft und niemand wusste, dass für dieses Produkt eine Ausfuhrbewilligung zum Zeitpunkt des Exportes nötig war.

Fazit: Der Einkauf sollte gewisse Mindestinformationen an Aussenhandelsdaten von den Lieferanten einfordern. Diese Mindestangaben zum Produkt sind:

  • Zolltarifnummer des Artikels
  • Ursprungsland des Artikels
  • Präferenzstatus des Artikels
  • Angaben zur Exportkontrolle

Wenn diese Angaben vorhanden sind und überprüft wurden, sollte ein Unternehmen sie, wenn möglich, im Artikelstamm des ERP-Systems einpflegen, damit zum Zeitpunkt des Exportes klar ist, dass diese Güter von einer Bewilligungspflicht betroffen sind.

Die Einkäufer müssen geschult werden, damit sie das Bewusstsein hinsichtlich der Exportkontrolle entwickeln und die nötigen Angaben von Lieferanten strikt einfordern. Am besten halten Sie diese Punkte vertraglich mit dem Lieferanten fest.

Für den Import von Kriegsmaterial ist beispielsweise auch eine Importlizenz bei der Einfuhr in die Schweiz nötig und nicht nur eine Ausfuhrbewilligung seitens des Lieferlandes.

4. Auch diese Unternehmen sind zur Export­kon­trolle verpflichtet

Wie stark ein Unternehmen von der Exportkontrolle betroffen ist und welche Kontrollschritte umgesetzt werden müssen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Viele Unternehmer unterliegen einem weitverbreiteten Trugschluss. Sie denken, ihr Unternehmen sei nicht von der Exportkontrolle betroffen. Selbst ein Betrieb, der kein Kriegsmaterial exportiert und nur in die EU liefert, muss die Vorschriften entsprechend beachten und innerbetriebliche Massnahmen sicherstellen. Selbst «normale» Industriegüter können Dual-Use-Güter sein. Und auch beim Export in die EU sind die entsprechenden Gesetzesgrundlagen zu beachten.

Bei der Ausfuhr in sanktionierte Länder sind zusätzlich die bestehenden Embargos / Sanktionen zu prüfen. Auch ist eine Sanktionslistenprüfung der Adressen für jedes Unternehmen massgebend, da keine Geschäfte mit Personen oder Firmen getätigt werden dürfen, die auf einer «Blacklist» stehen.

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finesolutions-Tipp

Finden Sie für Ihren Betrieb zuerst heraus, wie stark Sie von der Exportkontrolle betroffen sind.

Eine Umsetzung des entsprechenden ICP richtet sich nach:

  • dem Produktportfolio
  • den Absatzmärkten
  • den zu beliefernden Kunden
  • der Endverwendung der Güter

Der grösste Aufwand dieser Abklärung ist sicherlich die Überprüfung der Export-Produkte. Ein Abgleich dieser Güter mit den Anhängen der Güterkontrollverordnung ist Pflicht. Nur so wissen Sie, ob die technischen Spezifikationen der Produkte zu einer Bewilligungspflicht führen. Diese Güterprüfung, auch Güterklassifizierung genannt, sollten Sie systematisch angehen. Halten Sie die Resultate, sofern möglich, in den Artikelstammdaten fest.

5. Haftungs­ri­siken und hohe Strafen vermeiden

Mit einem effektiv umgesetzten ICP können Sie Haftungsrisiken vermeiden. Damit schützen Sie die Mitarbeiter, die am grenzüberschreitenden Verkehr beteiligt sind. Das SECO verfolgt Verstösse gegen das Güterkontrollgesetz immer als Straftat und zeigt sie bei der Bundesanwaltschaft an.

Ein Verstoss gegen die schweizerischen Exportkontrollvorschriften kann mit Gefängnis oder mit Bussen (Geldstrafen) bis zu 1 Mio. CHF bestraft werden. Bei vorsätzlichen Fällen müssen Firmenverantwortliche mit einer Gefängnisstrafe bis zu zehn Jahren und einer Busse  bis zu 5 Mio. CHF rechnen.

Bei einem allfälligen Strafverfahren wird geprüft, ob die Exportkontrollverantwortlichen der Firma den Verstoss billigend in Kauf genommen haben oder ob eine Missachtung der Sorgfaltspflicht bei der Exportkontrollstelle vorlag. Ein Nachweis zur firmeninternen Kontrolle und einem effektiven ICP kann sich dann strafmildernd auswirken.

Warten Sie also nicht ab, bis etwas passiert und ein Export getätigt wurde, welcher bewilligungspflichtig war. Vermeiden Sie Reputationsschäden für Ihre Firma und schützen Sie Ihre Exportsachbearbeiter vor strafrechtlichen und zivilrechtlichen Haftungsrisiken.

6. Holen Sie sich profes­sio­nelle Unterstützung

Gerne unterstützen wir Sie bei der Güterklassifizierung Ihrer Produkte mit der Sanktionslistenprüfung der Adressen und beim Beachten der länderspezifischen Sanktionsmassnahmen.

In Zusammenarbeit stellen wir mit Ihnen die Umsetzung eines für Ihren Betrieb passenden ICP’s sicher und kümmern uns auch um die regelmässige Fortbildung Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

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