Listen­re­geln

Präferenzieller Warenursprung 06.07.2022 von Lea Derendinger
Lesezeit 17 min Kommentare 4

Die Listenregeln oder auch Listenkriterien genannt, bilden das Herzstück in jedem Freihandelsabkommen. Diese Regeln definieren, welche Be- oder Verarbeitungen an einem Produkt vorgenommen werden müssen, damit die Waren zwischen den Freihandelspartnerländern mit einem Präferenznachweis verschickt werden dürfen. Mit dem Präferenznachweis können Waren, in den Freihandelspartnerländer des entsprechenden Abkommens, zollbefreit oder zollbegünstigt im- oder exportiert werden.

Die Listenregeln sind nicht zu verwechseln mit den «Ursprungsregeln», welche auch jeweils in den Freihandelsabkommen individuell zwischen den Verhandlungspartnern definiert werden. Diese enthalten z.B. Regeln oder Erklärungen zur Definition des Ab-Werk-Preises oder der Preise der Vormaterialien. Listenregeln enthalten Vorschriften zur Be- oder Verarbeitung der Produkte und sind nach Zolltarifnummern aufgebaut. Als Exporteur müssen Sie jeweils überprüfen, ob Ihre hergestellten Produkte die Listenregeln erfüllen und somit präferenzbegünstigt exportiert werden können.

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finesolutions Hinweis

Unsere Fachbeiträge sollen Verantwortliche in Firmen bei der täglichen Arbeit unterstützen. Viele Themen sind teils sehr komplex und wir möchten darauf hinweisen, dass unsere Beiträge keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Wir sind bestrebt, die Inhalte jeweils stets aktuell zu halten, bieten dafür aber keine Garantie.

Der Exporteur / Importeur ist selbst für die Einhaltung der relevanten Gesetzgebungen verantwortlich.

1. Was sind die Listenregeln?

Eine «Listenregel» steht für die Kriterien, die eine Produktionsware erfüllen muss, um gemäss einem bestimmten Freihandelsabkommen zollbegünstigt oder gar zollfrei in ein Vertragsland importiert werden zu können. Die Be- oder Verarbeitungskriterien sind in jedem Abkommen festgehalten.

Sofern an einer Ware mehr als eine Minimalbehandlung vorgenommen und das Kriterium in der Liste erfüllt wird, gilt die Ware als ausreichend bearbeitet. Die Ware erhält dann die Ursprungseigenschaft und kann mit Präferenz exportiert werden.

Die Listenregeln müssen nur für Vormaterialien erfüllt sein, die aus Drittstaaten stammen. Das sind Waren, die aus einem Land stammen, das nicht vom Abkommen gedeckt wird. Oder falls die Vormaterialien aus einem Land stammen, welches zwar von diesem gedeckt ist, aber die entsprechenden Vorursprungsbelege (Einfuhrbelege mit Präferenznachweis / Lieferantenerklärungen) fehlen.

2. Wann müssen die Listen­re­geln beachtet werden?

Die Listenkriterien müssen grundsätzlich immer dann beachtet werden, wenn Sie für Ihre Fertigungsware einen Präferenznachweis erstellen. Sei dies für Warenlieferungen ins Ausland oder für Lieferungen innerhalb der Schweiz mit einer Lieferantenerklärung.

Wenn Sie Ihre Ware im eigenen Betrieb herstellen, bedeutet das nicht automatisch, dass die Ware präferenziellen Warenursprung Schweiz hat. Die Präferenzeigenschaft muss zuerst anhand der Listenregeln des jeweiligen Freihandelsabkommens überprüft werden.

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finesolutions-Hinweis

Bevor Sie den Aufwand im Zusammenhang mit dem Ausstellen eines Präferenznachweises betreiben, prüfen Sie zuerst, ob Ihr Kunde im Bestimmungsland Zölle / Zollabgaben bezahlen muss.

3. Was muss beachtet werden, bevor man die Listen­re­geln konsultiert?

Wie bereits oben erwähnt, müssen Sie die Listenregeln beachten, wenn Sie einen Präferenznachweis erstellen wollen.

  • Schritt 1
    Stellen Sie vorab sicher, dass bei Ihnen im Unternehmen mehr als eine Minimalbehandlung bzw. eine wesentliche Bearbeitung stattgefunden hat (falls nicht, kann geprüft werden, ob die Gesamtbetrachtung angewendet werden kann).


  • Schritt 2
    Prüfen Sie, ob die Schweiz überhaupt ein Freihandelsabkommen mit dem Bestimmungsland Ihrer Ware hat.


  • Schritt 3
    Jede Ware hat eigene Bearbeitungskriterien. Damit alle Nutzer eines Freihandelsabkommens für die gleichen Waren dieselben Bearbeitungskriterien verwenden, werden die Listenkriterien über die Zolltarifnummer definiert. Ermitteln Sie die Zolltarifnummer Ihrer fertigen Ware.


  • Schritt 4
    Die Listenkriterien müssen im entsprechenden Abkommen geprüft werden.

    Hinweis Wertkriterium:
    Wenn es sich um ein Wertkriterium handelt, erstellen Sie eine Präferenzkalkulation. Damit Sie die Ursprungskalkulation überhaupt erstellen können, brauchen Sie weitere Informationen. Welche Mindestangaben für die Kalkulation benötigt werden, lesen Sie in unserem Fachbeitrag Präferenzkalkulation. Hier erfahren Sie auch, wie der «Ab-Werk-Preis» oder die «Werte des Vormaterials» definiert werden.

    Hinweis Positionssprung:
    Wenn die Listenregel einen Positionssprung vorsieht, müssen Sie die Zolltarifnummer aller Vormaterialien kennen, welche für die Herstellung des fertigen Produktes benötigt werden. Ein Praxisbeispiel dazu finden Sie unter «Positionssprung».


  • Schritt 5
    Sofern das Kriterium erfüllt wird, können Sie einen Präferenznachweis für das jeweilige Abkommen ausstellen.

4. Wo finde ich die Listenkriterien?

Sie finden die Listenregeln von allen Freihandelsabkommen in der Richtlinie R-30 (früher D30 genannt) des BAZG (Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit):

  • Wenn Sie auf den Link klicken, öffnet sich das R-30 in Form eines PDFs.
  • Nun finden Sie bei Punkt 3 Abkommen unter der Spalte «Liste der erforderlichen Bearbeitungen» die jeweiligen Listenkriterien zum entsprechenden Abkommen.


Hier sehen Sie als Beispiel das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union:

  • Wenn Sie nun auf «EU» klicken, öffnet sich ein weiteres Dokument, welches die Anhänge I und II zeigt. Jetzt müssen Sie entscheiden, falls dies nicht schon vorher definiert wurde, welche Regeln Sie anwenden möchten. Entweder arbeiten Sie nach den Listenregeln des bestehenden PEM-Übereinkommens oder Sie verwenden die Übergangsregeln des revidierten PEM-Übereinkommens, welche ab 1. September 2021 zwischen der Schweiz und der EU angewendet werden dürfen. Mehr zum revidierten PEM-Übereinkommen lesen Sie in unserem Blog Beitrag Revision des PEM-Übereinkommens – eine Vereinfachung für Schweizer Exporteure!
  • In Anhang II finden Sie dann die «LISTE DER BE- ODER VERARBEITUNGEN, DIE AN VORMATERIALIEN OHNE URSPRUNGSEIGENSCHAFT VORGENOMMEN WERDEN MÜSSEN, UM DEN HERGESTELLTEN ERZEUGNISSEN DIE URSPRUNGSEIGENSCHAFT ZU VERLEIHEN»
    – kurz gesagt, die Listenregeln.
  • Anhand der Zolltarifnummer Ihrer Ware können Sie nun schauen, welches Listenkriterium für Ihr Produkt erfüllt werden muss.

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finesolutions Praxisbeispiel 1
Listenregeln im Abkommen Schweiz-EU

Sie stellen in Ihrem Unternehmen Klimageräte der Zolltarifnummer 8415 her und exportieren diese nach Deutschland.
Wenn Sie die Listenregeln des bestehenden PEM-Übereinkommens geöffnet haben, suchen Sie am besten mit der Suchfunktion (crtl+f oder strg+f) nach dieser Nummer. So finden Sie direkt das Kriterium:

Wie Sie sehen, muss hier das Wertkriterium erfüllt werden, damit Sie für Ihre Klimageräte einen Präferenznachweis im Abkommen Schweiz – EU ausstellen dürfen.

  • Mehr Informationen zum Wertkriterium finden Sie unter «Wertkriterium».

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finesolutions Praxisbeispiel 2
Listenregeln im Abkommen Schweiz-EU

Sie stellen CNC-Schleifmaschinen der Zolltarifnummer 8460 in Ihrem Unternehmen her. Wenn Sie die Listenregeln des bestehenden PEM-Übereinkommens geöffnet haben, suchen Sie am besten mit der Suchfunktion (crtl+f oder strg+f) nach dieser Nummer. Sie stellen fest: Unter dieser Nummer gibt es kein Ergebnis.
Das bedeutet, dass Sie nun nach der 2-stelligen Tarifnummer (Kapitelnummer) suchen müssen, weil es für die 4-stellige Nummer 8460 keine eigene Regel gibt – somit suchen Sie in der Suchfunktion nun die Nummer 84:

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finesolutions Praxisbeispiel 3
Listenregeln im Abkommen Schweiz-China 

Wenn Sie nun Waren nach China exportieren möchten, müssen Sie entsprechend die Listenregeln im Abkommen Schweiz-China überprüfen:

In diesem Dokument finden Sie zu Beginn in ANNEX II, SECTION I wichtige Bemerkungen zu den Listenkriterien in SECTION III. Die Listenregeln in SECTION III sind in englischer Sprache und zudem werden die Kriterien in abgekürzter Form in Spalte 3 oder 4 abgebildet.

Hier sehen Sie als Beispiel das Listenkriterium für Waren des Kapitels 84:

Was diese Abkürzungen jeweils bedeuten, finden Sie – wie oben erwähnt – bei den wichtigen Bemerkungen in ANNEX II, SECTION I:

Auf Deutsch übersetzt bedeutet dies: «VNM% bezeichnet den maximal zulässigen Prozentsatz des Wertes der Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft (Drittlandwaren) im Verhältnis zum Ab-Werk-Preis der Ware.»
Somit ist das Wertkriterium gemeint.

  • Ein Praxisbeispiel dazu finden Sie unter dem Themenpunkt «Wertkriterium».

5. Was bedeuten die verschie­denen Spalten in den Listenregeln?

5. Was bedeuten die verschiedenen
Spalten in den Listenregeln?

(1) HS-Position oder Kapitel
In Spalte 1 ist die HS-Position (die ersten vier Stellen einer Zolltarifnummer) oder das Tares-Kapitel (die ersten zwei Stellen) ersichtlich, für welche Position oder welches Kapitel die Regel in Spalte 3 oder 4 gültig ist.
Wird vor dem Eintrag in der ersten Spalte ein «ex» erwähnt, so bedeutet dies, dass die Regel in Spalte 3 oder 4 nur für Waren gelten, welche in Spalte 2 genannt sind. In der ersten Spalte können auch mehrere Positionen zusammengefasst aufgeführt sein:

(2) Warenbezeichnung
In Spalte 2 finden Sie die Warenbezeichnung für die Position oder das Kapitel in Spalte 1:

(3) Listenkriterium
In Spalte 3 finden Sie dann das Listenkriterium, welches für die Ware in Spalte 1 und 2 vorgesehen ist:

(3) oder (4) Listenregeln
Sind diese sowohl in Spalte 3 als auch in Spalte 4 angeführt, so können Sie zwischen der Regel in Spalte 3 und der Regel in Spalte 4 wählen. In Spalte 3 ist jeweils das Hauptkriterium abgebildet und in Spalte 4 ist das Alternativkriterium zu finden:

6. Was bedeutet die Toleranzregel?

Bei der Präferenzermittlung werden Drittland-Vormaterialien nicht berücksichtigt, sofern ihr Wert einen gewissen Prozentsatz nicht übersteigt (nicht anzuwenden bei einem Wertkriterium).
Die Toleranzregel ist je nach Abkommen unterschiedlich und müssen entsprechend geprüft werden.

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finesolutions Praxisbeispiel 

Ihre hergestellte Ware wird in die Zolltarifnummer 7401 eingereiht. Das Listenkriterium gemäss Freihandelsabkommen Schweiz-EU lautet:

  • Herstellen aus Vormaterialien jeder Position, ausgenommen aus Vormaterialien derselben Position wie die hergestellte Ware.

Die verwendeten Vormaterialien ohne Präferenzursprung (Drittlandwaren) dürfen nicht in dieselbe 4-stellige HS-Nummer eingereiht werden. Sollten Sie trotzdem Vormaterialien verwenden, die ebenfalls in Nummer 7401 eingereiht werden, dürfen diese im Total 10 % des Ab-Werk-Preises (gerechnet nach bestehendem PEM-Übereinkommen) nicht übersteigen.

Die Toleranzregeln finden Sie im jeweiligen Abkommen in der Richtlinie R-30 des BAZG, unterhalb des Punkts «Ursprungsbestimmungen» (s. Bild oben).

Dort sehen Sie als Beispiel die Bestimmungen im Rahmen des Freihandelsabkommens Schweiz-EU (bestehendes PEM-Übereinkommen):

  • Es öffnet sich dann ein weiteres PDF und Sie müssen entscheiden, welche Ursprungsregeln Sie anwenden möchten.
  • Das Protokoll Nr. 3 über die Bestimmung des Begriffs «Erzeugnisse mit Ursprung in» oder «Ursprungserzeugnisse» und Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen definiert die Regeln des bestehenden PEM-Übereinkommens (Artikel 5 = 10% Toleranz für Industrieprodukte). Die Bilaterale Anwendung der Übergangsregeln ab 01.09.2021 enthält die Regeln des revidierten PEM-Übereinkommens (Artikel 5 = 15 % Toleranz für Industrieprodukte.

7. Welche Listen­kri­te­rien gibt es und wie wende ich diese an? 

Es gibt hauptsächlich drei verschiedene Arten von Listenregeln:

  • Kriterium anhand des Ab-Werk-Preises (Wertkriterium):
    Der Wert aller für ein Erzeugnis verwendeten Drittlandmaterialien darf den Ab-Werk-Preis dieses Erzeugnisses nicht um einen bestimmten Prozentsatz überschreiten.
  • Kriterium anhand des Positionssprungs:
    Die ersten vier Stellen der Zolltarifnummer eines Erzeugnisses dürfen nicht die gleichen wie diejenigen aller für dieses Erzeugnis verwendeten Drittlandmaterialien sein.
  • Bearbeitungskriterium:
    Ein Erzeugnis muss eine genau definierte Bearbeitung erfahren haben.

In den nachfolgenden Beispielen zeigen wir Ihnen, wie die jeweiligen Listenkriterien zu verstehen sind.

Bitte beachten Sie, dass die hier aufgeführten Listenkriterien nicht abschliessend sind. Es gibt eine breite Palette an verschiedenen Listenregeln und unterschiedliche Kombinationen von Regeln. Wir können unmöglich alle aufzeigen und halten uns deshalb nachfolgend an die Kriterien, welche am häufigsten vorkommen.

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Wie finesolutions Ihnen beim Thema Listenregeln helfen kann? 

Wenn Sie in Ihrem Abkommen für Ihr Produkt eine spezielle oder komplexe Listenregel auffinden, können wir Sie sehr gerne unterstützen, indem wir Ihnen das Kriterium in einfachen Worten erklären. Dabei prüfen wir gemeinsam, ob das Kriterium für Ihr Produkt erfüllt wird.

8. Herstel­lungs­kri­te­rium

Gewisse Freihandelsabkommen geben einen bestimmten Herstellungsschritt vor, welche für die Präferenzeigenschaft massgebend ist.

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 finesolutions Praxisbeispiel 1 

Sie stellen Draht aus Eisen der Tarifnummer 7217 in der Schweiz her und möchten diesen in die EU exportieren. Ihr Kunde in der EU verlangt von Ihnen einen Präferenznachweis.
Das Listenkriterium gemäss Freihandelsabkommen Schweiz-EU (PEM-Übereinkommen) lautet:

  • Herstellen aus Halbzeug aus anderem legierten Stahl der Position 7207

Die Herstellung des Eisendrahtes muss unter Verwendung von Halbzeug aus anderem legierten Stahl der Tarifnummer 7207 durchgeführt werden. Beispielsweise dürfen keine Stahlprofile zur Herstellung des Drahtes verwendet werden, da Stahlprofile nicht als Halbzeug im Sinne des Zolltarifs gelten. Sofern dies erfüllt wird, kann der Eisendraht als Schweizer Präferenzware in die EU exportiert werden.

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finesolutions Praxisbeispiel 2.1

Sie erhalten Sicherheitsglas der Zolltarifnummer 7007 aus der EU zur Beschichtung. Das Sicherheitsglas wird mit einem Präferenznachweis in die Schweiz importiert. Nachdem Sie das Glas beschichtet haben, möchten Sie es wieder mit Präferenz in die EU exportieren.

Das Listenkriterium gemäss Freihandelsabkommen Schweiz-EU lautet:

  • Herstellen aus Vormaterialien der Position 7001 (Bruchglas, Glasscherben)

Das heisst, in der Schweiz müsste das Sicherheitsglas aus (unter anderem) Bruchglas hergestellt werden, damit das Listenkriterium erfüllt wäre. Es wird aber lediglich beschichtet. Da aber das Sicherheitsglas bereits mit Präferenz aus der EU in die Schweiz importiert werden konnte, wurde das Herstellungskriterium (Herstellen aus Vormaterialien der Position 7001) schon in der EU erfüllt. Dank des Präferenznachweises aus der EU kann das Sicherheitsglas nach der Beschichtung als Schweizer Ursprungsware in die EU exportiert werden.

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finesolutions Praxisbeispiel 2.2

Gleiche Ausgangslage wie in Beispiel 2.1, jedoch soll das Sicherheitsglas nach der Beschichtung in der Schweiz nach Japan exportiert werden.

Das Listenkriterium gemäss Freihandelsabkommen Schweiz-Japan lautet:

  • Maximal 60 % Drittland-Anteil oder Positionssprung auf vierstelliger Ebene

Wichtiger Hinweis: Im Freihandelsabkommen mit Japan sind gewisse Zolltarifkapitel oder vierstellige Zolltarifnummern nicht in der Liste aufgeführt. Für alle Produkte, welche nicht in der Liste aufgeführt werden, gelten die beiden Kriterien (siehe Abbildung oben), welche im Abkommen mit Japan auf der ersten Seite der Listenregeln zu finden sind.

Das Sicherheitsglas wurde zwar in der EU unter Beifügen von Bruchglas hergestellt und mit Präferenz in die Schweiz importiert, jedoch dürfen Waren mit Präferenzursprung EU im Abkommen Schweiz-Japan bei der Präferenzermittlung nicht angerechnet (kumuliert) werden. Und da in der Schweiz lediglich eine Beschichtung stattfindet, muss geprüft werden, ob das Wertkriterium von maximal 60 % Drittland-Anteil erfüllt wird.

Allgemeiner Hinweis
Wenn eine Regel in dieser Liste vorsieht, dass ein Erzeugnis aus einem bestimmten Vormaterial hergestellt werden muss, so schliesst diese Bedingung die Verwendung anderer Vormaterialien nicht aus.

Beim Listenkriterium für Zolltarifnummer 7007 beispielsweise ist nicht entscheidend, wie hoch der Anteil an Bruchglas im Produkt ist. Wichtig ist lediglich, dass bei der Herstellung der Ware Bruchglas der Position 7001 beigefügt wurde.

9. Wertkri­te­rium

Bei einem Wertkriterium darf der prozentuale Anteil an Drittlandwaren nicht höher sein als in der Listenregel vorgeschrieben.

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finesolutions Praxisbeispiel 1

Sie stellen eine Dampfturbine der Tarifnummer 8406 in der Schweiz her und möchten diese nach China exportieren. Ihr Kunde in China verlangt von Ihnen einen Präferenznachweis. Die Dampfturbine wird in Ihrem Betrieb gefertigt. Sie wird aus ausländischen Teilen hergestellt und Sie müssen prüfen, welches Mindestmass an Be- oder Verarbeitung in den Listenregeln im Freihandelsabkommen Schweiz-China für diese Ware festgelegt ist.

Die Listenregeln müssen jeweils für Vormaterialien erfüllt sein, die aus Drittstaaten stammen (hier rot hinterlegt).

Dampfturbine Stückliste:

Dampfturbine Kalkulation:
In den Listenregeln im Abkommen Schweiz-China wird für Waren des Kapitels 84 die Abkürzung «VNM 50%» in Spalte 3 erwähnt.

Das Listenkriterium «VNM 50%» lautet somit auf Deutsch:

  • Herstellen, bei dem der Wert aller verwendeten Vormaterialien 50 % des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses nicht überschreitet.
  • Es dürfen somit nicht mehr als 50 % Drittlandwaren in der Stückliste enthalten sein.

In unserer Kalkulation ist der Kondensator aus Deutschland, die Pumpe aus der Schweiz und «diverse Kleinteile» als Drittlandsanteil zu werten, was ein Gesamtanteil von Drittlandwaren von 45 % bedeutet. Somit wäre das Listenkriterium erfüllt und das Produkt kann als Schweizer Präferenzware nach China exportiert werden.

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finesolutions Praxisbeispiel 2

Sie erhalten nun zusätzlich eine Bestellung von Dampfturbinen aus der EU und Ihr Kunde verlangt einen Präferenznachweis von Ihnen. Auch wenn Sie jetzt das Listenkriterium für den Export nach China erfüllen, müssen Sie für eine Lieferung in die EU erneut die Listenregeln prüfen, und zwar im Abkommen Schweiz-EU.

Die Listenregeln müssen jeweils für Vormaterialien erfüllt sein, die aus Drittstaaten stammen (hier rot hinterlegt).

Dampfturbine Stückliste:

Dampfturbine Kalkulation:
Das Listenkriterium gemäss Freihandelsabkommen Schweiz-EU (bestehendes PEM-Übereinkommen) lautet:

  • Herstellen, bei dem der Wert aller verwendeten Vormaterialien 40 % des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses nicht überschreitet.
  • Es dürfen also nicht mehr als 40 % Drittlandwaren in der Stückliste enthalten sein.

In dieser Kalkulation ist die Pumpe aus der Schweiz, die Turbine aus China und «diverse Kleinteile» als Drittlandsanteil zu werten, was ein Gesamtanteil von Drittlandware von 55 % bedeutet. Somit wäre das Listenkriterium nicht erfüllt und das Produkt kann nicht als Schweizer Präferenzware in die EU exportiert werden.

Alternativ könnten Sie nun die Listenregel des revidierten PEM-Übereinkommens (Übergangsregeln) prüfen. Diese ist liberaler und lautet:

  • Herstellen aus Vormaterialien jeder Position, ausgenommen aus Vormaterialien derselben Position wie das Erzeugnis

oder

  • Herstellen, bei dem der Wert aller verwendeten Vormaterialien 50 % des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses nicht überschreitet

Sie haben also einen höheren erlaubten Drittland-Anteil bei dieser Regel. Jedoch besitzen Sie vom Kondensator aus der EU einen Präferenznachweis EUR.1 nach bestehenden PEM-Regeln und somit ist auch dieser Anteil als Drittland-Anteil zu werten, sowie alle anderen Komponenten auch. Nun kann noch das Kriterium des Positionssprungs geprüft werden und in unserem Beispiel wird dieser erfüllt (unter Anwendung der Toleranzregel von 15% für die diversen Kleinteile). Somit kann die Dampfturbine auch in die EU mit Präferenz exportiert werden, jedoch ist die Ursprungserklärung (abweichende Textvariante) des revidierten PEM-Übereinkommens zu verwenden.

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finesolutions-Hinweis 

Wenn Sie Ihre Fertigungsware in verschiedene Freihandelspartnerländer exportieren, müssen Sie immer die Listenregeln im jeweiligen Abkommen konsultieren und schauen, ob das Kriterium für Ihre Ware erfüllt wird.

10. Positi­ons­sprung

Erzeugnisse, für welche einen Wechsel der Position (sog. Positionssprung oder auch Positionswechsel, Tarifsprung, Tarifwechsel genannt) vorgesehen ist, gelten als präferenzbegünstigt, sofern mehr als eine Minimalbehandlung erfolgt und die gefertigte Ware in eine andere HS-Position eingereiht wird, als sämtliche bei der Herstellung verwendeten Drittland-Vormaterialien. In den meisten Regeln muss der Positionsprung auf vierstelliger Ebene erfüllt werden. Es ist aber auch möglich, dass in gewissen Abkommen ein sechsstelliger Positionswechsel erfolgen muss.

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finesolutions Praxisbeispiel 

Sie stellen Handtaschen aus Leder der Zolltarifnummer 4202 in der Schweiz her und möchten diese in die EU exportieren. Ihr Kunde in der EU verlangt von Ihnen einen Präferenznachweis.
Die Listenregeln müssen jeweils für Vormaterialien erfüllt sein, die aus Drittstaaten stammen (hier rot hinterlegt).

Handtasche Stückliste:

Handtasche Kalkulation
Das Listenkriterium gemäss Freihandelsabkommen Schweiz-EU (PEM-Übereinkommen) lautet:

  • Herstellen aus Vormaterialien jeder Position, ausgenommen aus Vormaterialien derselben Position wie die hergestellte Ware.

Hier wird für alle Materialien, welche für die Herstellung des fertigen Produktes verwendet werden, die 4-stellige Zolltarifnummer aufgeführt. Anschliessend wird überprüft, welche Vormaterialien Drittlandwaren sind, denn nur bei diesen darf die 4-stellige Nummer nicht gleich sein wie die Zolltarifnummer des hergestellten Produktes.
In dieser Aufstellung müssen wir somit prüfen, ob die 4-stellige Nummer beim Kalbsleder, bei den Druckknöpfen und beim Nähgarn gleich ist wie beim hergestellten Produkt.

Wie Sie sehen, sind bei allen drei Materialien die HS-Positionen nicht identisch wie bei der daraus hergestellten Handtasche (4202). Somit wäre das Listenkriterium erfüllt und das Produkt kann als Schweizer Präferenzware in die EU exportiert werden.

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finesolutions-Hinweis

In gewissen Abkommen gibt es einen Positionssprung auf zweistelliger, vierstelliger und sechsstelliger Position / Zolltarifnummer. Die Formulierungen im jeweiligen Abkommen sind zu beachten.

Vormaterialien drittländischen Ursprungs, die in die gleiche Position einzureihen sind wie das Fertigprodukt, können nur im Rahmen der Toleranzen gewisser Abkommen verwendet werden, ohne «ursprungsschädlich» zu sein. Dies erkennen Sie in unserem Beispiel in der nächsten Frage.

11. Wertkri­te­rium und Positionssprung 

Nachfolgend zeigen wir Ihnen ein Beispiel, wo in den Listenkriterien sowohl in Spalte 4 als auch in Spalte 3 ein Kriterium festgehalten ist. Die Listenregeln müssen jeweils für Vormaterialien erfüllt sein, die aus Drittstaaten stammen (hier rot markiert).

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finesolutions Praxisbeispiel 

Sie stellen Wasserkocher der Zolltarifnummer 8516 in der Schweiz her und möchten diese in die EU exportieren. Ihr Kunde in der EU verlangt von Ihnen einen Präferenznachweis.

Wasserkocher Stückliste 8516:

Wasserkocher Kalkulation
Schauen wir uns zuerst das Kriterium in Spalte 4 an, da diese Regel in der Praxis oft einfacher umzusetzen ist. Das Listenkriterium in Spalte 4 lautet im Freihandelsabkommen Schweiz-EU (PEM-Übereinkommen):

  • Herstellen, bei dem der Wert aller verwendeten Vormaterialien 30 % des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses nicht überschreitet.
  • Es dürfen also nicht mehr als 30 % Drittlandwaren in der Stückliste enthalten sein.

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4 Beiträge zu «Listenregeln»

Alfonso Orlando 8. März 2021

Grüezi Frau Meier

Vielen Dank für die Gute Übersicht. Sehr hilfreich, einfach und verständlich erklärt.

Freundliche Grüsse
Alfonso Orlando

Elin Meier | 8. März 2021

Sehr geehrter Herr Orlando

Vielen Dank für Ihr positives Feedback!

Es freut uns immer sehr zu erfahren, dass unsere Beiträge gelesen werden. Dies motiviert uns natürlich weitere Beiträge zu schreiben.

Vielen Dank und herzliche Grüsse
Elin Meier

Niklaus Hügli 4. Februar 2021

Guten Tag

Ich habe auf einer Lieferantenrechnung Waren aus der EU und aus China auf der gleichen Rechnung. Mit einer Rechnungserklärung, die bis EUR 6000.- Anwendung findet, kann ich die EU Ware zollfrei abfertigen, wenn der Gesamtwert ca. EUR 12500.- beträgt,jedoch die Ware der EU unter EUR 6000.- liegt?
Besten Dank
N. Hügli
Guten Tag Herr Hügli

Vielen Dank für Ihre Anfrage. Bei der Wertgrenze geht es jeweils um den Sendungswert, welcher zu beachten ist. Da in Ihrem Fall der Sendungswert über der erlaubten Grenze von EUR 6'000.00 liegt, müssten Sie für die Präferenzweitergabe der EU Waren eine EUR.1 erstellen. Ich gehe davon aus, Sie möchten die Waren in die EU exportieren.

Wichtig ist auch, dass Sie für diese EU Waren die korrekten Vorursprungsnachweise (elektronische Veranlagungsverfügung Import und Präferenznachweis) besitzen, weil Sie sonst die Präferenzeigenschaft nicht weitergeben dürfen.

Wir hoffen, dass wir Ihnen weiterhelfen konnten und bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Freundliche Grüsse

Lea Derendinger